A Móra Ferenc Múzeum Évkönyve: Studia Archaeologica 5. (Szeged, 1999)

NAGY Margit: Ornamenta avarica II. A fonatornamentika

mit den frühen alemannischen und fränkischen Christus­Darstellungen in eine Verbindung gebracht werden kann und die Komposition selbst mit der Christianisierung der Tierornamentik des I. Stils im Zusammenhang steht (ARRHENIUS 1986, 141-145). Die Beziehungen zwischen den Funden von Szentendre und Äker kann man mit der Ähn­lichkeit der Augendarstellung auf den Menschenköpfen er­weitern; die doppelte Unterstreichung der runden Augen (mit Nielloeinlage) kommt meines Wissens nur auf diesen Gegenständen vor. Ein mit gekerbten Linien unterstrichenes Augenpaar eines, über Tierbeine gezeichneten Menschen­kopfes kann auf dem Schilddorn einer an den Anfang des 7. Jahrhunderts datierten bronzenen Gürtelschnalle beobachtet werden (Orsingen-Neuzingen, Baden-Württemberg) (ROTH 1986, 278, Taf. 60). Mit einer Doppellinie unterstrichenes rundes Augenpaar ist noch in Beziehung mit dem Menschenkopf auf dem Fuß­ende der gegossenen Fibel von Kristians Amt (ebenfalls Norwegen) zu sehen (SALIN 1904, 231-232, Fig. 525). Ein, mit Tierbeinen umrahmter Menschenkopf kommt auf einem anderen frühmerowingerzeitlichen goldenen Schmuckstück, auf der Goldscheibe von Linon (Ostaquita­nien) vor. Aufgrund der auf der Scheibe sichtbaren Buchsta­ben kann der mit Niellocinlagen versehene Menschenkopf für eine Christus-Darstellung gehalten werden. Die Scheibe wurde mit, in kralligen Tierbeinen endenden mandelförmi­gen Augenpaaren und sich kreuzenden Tiergestalten um­rahmt (Abb. 5. 6) (ARRHENIUS 1986, 129-131). Nach der Meinung von B. Arrhenius gibt es keine An­gaben, die dafür sprächen, daß die nördlichen Darstellungen der Menschenmaske-Tierfiguren früher erzeugt wurden als die kontinentalen Fassungen des Themas. Es ist also nicht beweisbar, daß sich das Hauptmotiv des I. Stils vom Norden nach Süden verbreitete. Die Verbreitungskarte der mit der Schnalle von Äker und der Scheibe von Linon in mehreren Hinsichten in Verbindung stehenden süd- und südwestdeut­schen Goldblatt- und Pektoralkreuze deutet aber auf die Ausbreitung des wichtigsten christlichen Symbols von der Rhein- und oberen Donaugegend nach Norden hin (ARRHENIUS 1986, 142-145). Die Ausdeutung der Darstellungen der Schwertriemenbe­schläge liegt an der Hand: Sie symbolisieren eine Bitte um den Schutz für den Waffenbesitzer. Wir halten es für wahrschein­lich, daß das Menschenkopf-Tierbein-Motiv der Schwertrie­menbeschläge von Szentendre — wie auf der Scheibe von Li­non und auf der Schnalle von Äker — schon über einen synchretistischen Inhalt verfügte. Auf den Darstellungen der fränkischen Schwertriemenbeschläge kommen heidnische und christliche Symbole in demselben Grabfund ebenfalls vor (Abb. 6. 7-10) (JANSSEN 1991, 80-81, Taf. 14. 1,4). Die Kerbung des mittleren geometrischen Motivs der Beschläge von Szentendre (Abb. 6. 2a) wurde zu einem selbständigen Verzierungselement. Die Herausbildung der sich nicht an Tierfiguren knüpfenden awarenzeitlichen Zäh­nung kann durch den gepreßten Silberbeschlag des als Streufund bekannten Frauengrabes von Csepel demonstriert werden (Abb. 6. I). (Über den Grabfund von Csepel s.: NAGY 1998a, FO. 67, 188 Taf. 130 B). Für die awarenzeitlichen, en face dargestellten Men­schenköpfe liefert die gepreßte silberne Riemenzunge des Grabes 1885.1. von Keszthely ein Beispiel. Die schnurbär­tig-bärtigen Menschenköpfe wurden nach dem Mittelteil der Riemenzunge gewandt dargestellt (Abb. 4. 2) (FETTICH 1937, Taf. V. 3; BONA 1983, 117-119, Abb. 12. 16). In der Mitte der Rie­menzunge ist ein schiefes Kreuz in ein rundes Medaillon eingefaßt zu sehen. Die Stiele des Kreuzes sind Blütenblät­tern ähnlich. Über dem schiefen Kreuz sieht man ein Krüc­kenkreuz (Abb. 4. 2d). Der Grund dieses sechszinkigen Zei­chens ist ein, aus den griechischen Buchstaben I und X kombiniertes Christus-Monogramm. Am Rand der Riemen­zunge, beiderseits der Menschenköpfe sind Tierdarstellun­gen vorhanden. Am oberen Kopf stehen vollkommene Tier­figuren mit gebogenem Körper und eingewinkelten Beinen. Ihr Kopf hat eine rundbogige Umrahmung (Abb. 4. 2a-b). Wegen Platzmangel wurden nur die Köpfe und Körper der unteren Tierfiguren dargestellt (Abb. 4. 2c). Die Verzierung der Riemenzunge ist also das Thema „Menschenkopf unter Tiergestalten", dessen germanische Varianten — wie gese­hen — nicht weit von den Kompositionen christlichen In­halts stehen. Die im Kindergrab 209 von Győr gefundene bronzene Riemenzunge zeigt eine Stufe der Umwandlung der Darstellung: An der Stelle der Menschenköpfe befinden sich dreieckige Tierköpfe mit spitzen Ohren und mit glei­cher Blickrichtung. Das Innere des Medaillons wurde mit Rosettenmotiv ausgefüllt (FETTICH 1937, Taf VIII. 6). Diese Umwandlung kann nicht einfach dem Verfall der gepreßten Ornamentik zugeschrieben werden, sondern das ist ein Be­weis dafür, daß die Awaren die bildlichen Symbole wirklich verstanden und bewußt anwandten. Der andere awarenzeitliche, en face dargestellte Men­schenkopf ist auf dem Beschlag der vergoldeten Bronze­schnalle des Grabes A von Hajdúdorog zu sehen (Abb. 5. 1-la) (KRALOVÁNSZKY 1992, Abb. 2. 2, Abb. 10). Im rechtssei­tigen Streifen des sekundär benutzten, gepreßten Bleches (dessen linke Seite abgeschnitten werden mußte, um die dem Schnallenring entsprechende Breite zu bekommen) taucht eine stark stilisierte Tierdarstellung auf. Ergänzt man das Bild mit der linksseitigen Tierfigur (Abb. 4. 5), so kommt man zum Thema „Menschenkopf unter Tiergestal­ten". Der Kopf der Schnalle von Hajdúdorog zeigt eine sorgfältige, plastisch ausgeführte Musterung auf (Abb. 5. lb). Der dreieckige Kerbschnitt beiderseits des Gesichtes weist darauf hin, daß der Kopf ursprünglich als Bestandteil eines gegossenen Gegenstandes gemacht wurde und als Vor­bild zu einer Preßform diente. Aus der Anordnung der Kerbschnitte ist es darauf zu schließen, daß der Künstler zum Zeichnen des Kopfes Hilfslinien benutzte. Zeichnet man ein Fünfeck auf den Kopf, so bekommt man die Kon­struktion der Zeichnung (Abb. 5. la). Diese Konstruktions­weise ist zwar nur aus der Gotik bekannt, vererbte sie sich offensichtlich aus einer früheren Praxis. Aufgrund der klas­sischen byzantinischen Proportionstheorie wurden die Men­schenköpfe nach dem Dreikreissystem, oder mit Hilfe eines Pentagramms konstruiert (PANOFSKI 1976, 27). Im Skizzen­buch des Baumeisters Villard de Honnecourt (13. Jahrhun­dert) findet man drei Köpfe, die mit Hilfslinien gezeichnet wurden (Abb. 5. 2. 4). Darunter kommt auch ein Kopf von Pentagrammkonstruktion vor (Abb. 5. 2) (MAROSI 1997,141). Nach den, in der awarischen Kunst sehr selten vorkom­menden Menschenkopfdarstellungen behandeln wir die Bil­der, die in der Frühawarenzeit an Ringen, Schwerthülsenbe­schlägen und Metallbeschlägen der Frauentracht angewandt wurden. Unsere Beispiele wählten wir von den qualitäts­vollsten (goldenen und silbernen) und berühmtesten Gegen-

Next

/
Oldalképek
Tartalom