A Móra Ferenc Múzeum Évkönyve: Studia Archaeologica 5. (Szeged, 1999)

NAGY Margit: Ornamenta avarica II. A fonatornamentika

und der in der awarischen Kunst selten auftretenden Men­schendarstellungen mehrmals zurück (MAR0SI-FETT1CH 1936, 57-63; FETTICH 1937, 14-24; FETTICH 1951, Kapitel 2). Er behandelte u. a. die bärtigen Menschenköpfe (Abb. 4, 2b-c) des im Jahre 1885 freigelegten Grabes I von Keszthely­Fenék und die der Riemenzunge des Kindergrabes von Győr als Silenos-Darstellungen (FETTICH 1937, 61, 132). Gyula László beschäftigte sich in Beziehung mit den Darstellun­gen christlicher Art — wie die der Funde von Tépe und Kunágota — mit der Frage der in awarisches Milieau ge­langten byzantinischen Gegenstände und mit deren Umge­staltung (LÁSZLÓ 1935; LÁSZLÓ 1938, 55-86; LÁSZLÓ 1940). Bezüglich des Tierstils nahm er die Meinung von N. Fettich über den Prozeß der „Geometrisierung" an. In seinem 1974 erschienenen Buch wies er darauf hin, daß es kein Zeitab­stand zwischen den reinen awarenzeitlichen Bandgeflechten und den Tieren mit Bandgestalt besteht, und daß die Ge­flechtmuster vom Fernen Osten bis zum Westen für allge­mein übliche Verzierungselemente gehalten werden können (LÁSZLÓ 1974,27-31,71-83, 118-119). Den Ursprung und die Rolle der Flechtbandornamentik in der Entwicklung der merowingerzeitlichen Kunst behan­delte Wilhelm Holmqvist in seinem 1939 in Stockholm er­schienenen Buch. Er kam auf den Gedanken, daß die byzan­tinisch-koptische Kunst den stärksten Einfluß auf die germanische Kunst bezüglich der Flechtbandornamentik nahm; ihre Verbreitung kann mit der Expansion des Chri­stentums in Zusammenhang gebracht werden. Flolmqvist er­kannte, daß auch das Donau-Gebiet als Vermittlerweg der mediterranen Geflechtmuster in Betracht kommen kann. Er meinte aber, daß das in erster Linie im Falle der in der awa­rischen Ornamentik häufig vorkommenden Schleifenmuster möglich ist (HOLMQVIST 1939, 15-25, 77-81). 1955 untersuchte Holmqvist die Verbindungen zwischen der germanischen und spätrömischen Kunst. Auch diesmal stellte er fest, daß das Donau-Gebiet als das vermittelnde Areal der spätrömischen Kunst nach den Germanen in Be­tracht kommen könnte, aber er meinte die germanische Peri­ode Ungarns für wenig bekannt zu sein. Er lehnte ab, daß das Gebiet des Schwarzen Meeres, die Skythen und Sarmaten in der Entfaltung der germanischen Tierornamentik eine Rolle gespielt haben könnten, und er betonte die Wirkung der spä­trömisch-byzantinischen Stilelemente (Pflanzenornamente, paarweise dargestellte Tierfiguren) (HOLMQVIST 1955,7-27). Die Wechselwirkung der Tierornamentik und der Ge­flechtmuster, d. h. das Kompositionsprinzip des II. Stils wurde von Nils Aberg erkannt. Er legte in seinen 1945 und 1947 veröffentlichten Büchern dar, daß das wichtigste Ele­ment des II. Stils das von der mediterranen Kunst übernom­mene (byzantinische) Bandgeflecht sei. Das wurde mit zahl­reichen Beispielen unterstützt. Für die flächendeckenden Tierkompositionen zeichnete man Bandflechtmuster. Be­züglich der Route der vom Süden kommenden Kunstrich­tung warf auch Áberg auf, daß die im awarischen Kunst­handwerk Ungarns vorkommenden zahlreichen, vielfältigen Geflechtmuster unmittelbar von der byzantinischen Kunst übernommen wurden. Er hielt aber nicht für wahrscheinlich, daß die Awaren die Flechbandtornamentik für die westliche germanische Kunst vermittelt haben könnten. Seiner Mei­nung nach machten die italischen Langobarden die byzanti­nische Ornamentik in den Zentren des I. Stils bekannt, d. h. die Geflechmuster des II. Stils gelangten von der zweiten Hälfte des 6. Jahrhunderts mit Hilfe der italischen Lango­barden nördlich der Alpen (ÁBERG 1945, 118-122; ÂBERG 1947, 100-122). Joachim Werner kam 1935 zu einem ähnlichen Ergeb­nis: Er bestätigte das italische Auftreten des II. Stils. J. Wer­ner hielt das Anknüpfen der unmittelbaren Verbindungen zwischen den alemannisch-fränkischen Gebieten und dem langobardischen Italien nach dem fränkisch-langobardi­schen Friedenschluß (591) für möglich (WERNER 1935, 47-49, 64-65). J. Werner nahm in der pannonischen Langobardenzeit eine Übergangsphase an, als die Tierornamentik und die Ge­flechtmuster nebeneinander lebten, aber das Kompositi­onsprinzip des II. Stiles noch nicht zur Geltung kam (WERNER 1962, 38-39, 97, 102-103). Siegfried Fuchs warf bezüglich der gepreßten Technik der langobardischen Blattkreuze auf, daß die Langobarden dieses Verfahren nicht von der byzantinischen Goldschmie­dekunst, sondern von den Awaren übernommen haben könnten. Die Preßtechnik war im vorlangobardischen Italien unbekannt (FUCHS 1938,17-18). Günther Haseloff, der Forscher der germanischen Tier­stils nahm 1956 den italischen Ursprung des II. Stils an. Die Tierornamentik und die Geflechtverzierung spielen in der Musterung der langobardischen Blattkreuze eine gleichwer­tige Rolle; die Langobarden übernahmen aus unmittelbarer italo-byzantinischer Quelle in Italien die Geflechtmuster. Haseloff sonderte die Gruppe der „konservativen" Friaul­Gruppe der Blattkreuze ab. Davon lebt der von Pannonién mitgebrachte I. Stil weiter (HASELOFF 1956,158-160). Horst Wolfgang Böhme und Kurt Böhner betonten die Rolle der gallischen Werkstätten in der Entfaltung des ei­genartigen fränkischen Tierstils. Der Ausgangspunkt beider Forscher war die Tradition der örtlichen spätrömischen Me­tallwerkstätten, deren Kerbschnitt-Technik guter Qualität die örtliche Entwicklung der Verzierungskunst vorbereitete. Die frühesten, im II. Tierstil verzierten fränkischen Gegen­stände waren nach Böhner die Platten der „nierenförmigen" Schnallen und gewisse Schwertgurtbeschläge, die aufgrund der inneren Chronologie des Trierer-Gebietes vor die itali­sche Langobardenperiode, in die erste Flälfte des 6. Jahr­hunderts datiert werden können (BÖHME 1974; BÖHNER 1976; BÖHNER 1982). Böhme und Böhner bestätigten dadurch die frühere Meinung von Herbert Kühn, der bezüglich der Ent­wicklung der Verzierung der Fibeln ebenfalls für die im me­rowingischen Gebiet stattgefundene innere Entwicklung sprach (KÜHN 1940 I, 102-120, 349-351; KÜHN 1974, 1076-1086). Hinsichtlich unseres Themas sind die Forschungen von Helmut Roth von großer Bedeutung. Roth bewies überzeu­gend, daß die Verzierungen der von Werner in den frühen II. Stil eingereihten sog. Montale-Weimar-Fibelgruppe und ei­nige Blattkreuzmuster, die früher „degeneriert verziert" ge­nannt wurden, eine selbständige Stilperiode in der langobar­dischen Verzierungskunst vertreten, die zum I. Stil gehört und nie in den II. Stil weiter entwickelte. Die Schlaufenor­namentik genannte Stilperiode begann vor 550 in Pannonién und war mit dem I. Stil gleichzeitig. Die Schlaufenornamen­tik kann von der Mitte des 6. Jahrhunderts bis zum ersten Jahrzehnt des 7. Jahrhunderts, bis zur ersten italischen Peri­ode der Langobarden datiert werden. Roth teilte das frühe Stadium des II. Stils in zwei Stufen ein. Er hielt das rhythmische Achterschleifenmuster der

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