A Móra Ferenc Múzeum Évkönyve: Studia Archaeologica 3. (Szeged, 1997)

STRAUB Péter: Avar kori tegezdíszítő csontlemezek. Motívumtipológia és kronológia

AWARENZEITLICHE BEINPLATTEN ALS VERZIERUNGEN VON KOCHERN. TYPOLOGIE DER MOTIVE UND CHRONOLOGIE Péter STRAUB Infolge der zunehmenden Anzahl der Publikationen und der annähernd fünfzigtausend awarenzeitlichen Bestattun­gen ist die ausführliche Bearbeitung der Bestattungssitten und Gegenstandstypen der Awarenzeit immer dringlicher. Dementsprechend wird eine kennzeichnende Gruppe des beinernen Denkmaterials des Awarentums, nämlich die Kö­cher verzierenden Beinplatten in der vorliegenden Studie bearbeitet. Anschließend wird die Chronologie der abgeson­derten typologischen Gruppen der auf den Köcherbeinen sichtbaren Motive — bzw. die der Gräber mit beinernen Köchern aufgrund der Grabbeigaben — mit Hilfe der Seri­ation untersucht. Bezüglich des awarischen Fundmaterials des Karpa­tenbeckens wurde die Deutung der zur Lagerung von Pfeilen dienenden, mit Beinplatten verzierten Köcher von verschiedenen Standpunkten aus mehrmals versucht. Daß eine neue Bearbeitung dieses Gegenstandstypes, die erneute Erwägung der früheren Vorstellungen bzw. ihre Umwertung in einigen Punkten trotz dem nötig sind, be­gründen die Folgenden: Die letzte Zusammenfassung {MADARAS 1990) wurde aufgrund der 65 Köcherbeine von 35 Fundorten geschrie­ben, aber in dieser Arbeit wurden unbegründet wenige, insgesamt zehn Exemplare in die Frühawarenzeit datiert. Auch Attila Kiss, der sich zuletzt mit diesem Fundtyp be­schäftigte, strebte nach einer vollkommenen Material­sammlung nicht (Kiss s. a.). Aus der Fachliteratur und dem unpublizierten Fundmaterial, d.h. aus 101 Gräbern von 50 Fundstellen konnte ich genau anderthalbfach so viel Mate­rial sammeln. Auf den Köcherbeinen sind charakteristische Motive zu entdecken, die sich in formale und chronologische Gruppen einteilen lassen. In dieser Flinsicht begnügten sich aber die Forscher mit der Erwähnung je eines — nicht immer entsprechenden — Analogstückes. Durch die Seriation der Motivtypen und der anderen Grabbeigaben kann eine relativchronologische Reihenfolge aufgestellt werden, aufgrund deren das zeit­liche Auftauchen des in der neuen Fachliteratur (H. TÓTH­HORVÁTH 1992, 159; H. HANNY-HORVÁTH 1995, 119) —­absolutchronologisch unbegründet — zu spät datierten Köchertypes genauer skizziert werden kann. Die Bestimmung der Funktion der ab Ende des vorigen Jahrhundertes in immer größerer Anzahl vorkom­menden Köcherbeine ist der Verdienst von Nándor Fettich (MAROSI-FETTICH 1936,12), aber die erste ausführli­che Bearbeitung dieser dekorativ geschnitzten Beine wurde von Ilona Kovrig unter dem Vorwand der Gräber von Csengőd durchgeführt (KOVRIG 1948, 341-343). Intuitiv nahm sie an, daß die einsam vorkommenden, breiten, rechteckigen, weniger kreisbogigen Beinplatten am Mund und die im allgemeinen paarweise zum Vorschein kom­menden, schmalen Beinplatten mit größerer Biegung am Hals der Köcher angewandt waren. Diese Rekonstruk­tionsvorstellung stimmt mit der später publizierten in situ­Beobachtung von Gyula Török völlig überein (TÖRÖK 1954). Wegen der Wirren der Begriffe — die Lage des Mundes und des Halses ist auf dem Köcher in der Wirk­lichkeit umgekehrt — verwende ich anstatt der in der Fachliteratur üblichen Begriffe „Köchermund" und „Kö­cherhals" die Termini „Öffnung" und „Randplatte". Nach einer längeren Pause brachten die Arbeiten von Béla Kürti wesentlich Neues in die Forschung. Nach der Publikation des Grabes 12 des Gräberfeldes B von Szeged-Fehértő (KÜRTI 1971) beschäftigte er sich aufgrund der zahlreichen Köcherbeine verschiedener Muster mit der Möglichkeit der Beigabe von zwei Köchern ins Grab, mit der innerasiatischen Herkunft der mit Beinplatten ver­sehenen Köcher, ferner mit ihrem Fehlen in dem frühe­sten awarischen Denkmaterial (KÜRTI 1983; KÜRTI 1984; KÜRTI é. n.). Diesbezügliche Forschungen wurden im letzten Jahrzehnt von László Madaras durchgeführt. Die mono­graphische Bearbeitung der an den genannten Funden be­sonders reichen Gräberfelder Jászapáti-Nagyállás (MADARAS 1994) und Szeged-FehértÓ (MADARAS 1995) machte die Klärung der Gebrauchszeit, territorialen Ver­breitung und des gesellschaftlichen Hintergrundes der mit Beinplatten verzierten Köcher außerordentlich notwendig (MADARAS 1990). Obwohl László Madaras durch die mehr oder minder ausführliche Aufnahme einen bedeutenden Fortschritt machte, können wir mit einem Teil seiner chro­nologischen Folgerungen nicht einverstanden sein. Beiläu­fig beschäftigte er sich mit den Motiven der Köcherbeine eingehend nicht. Absolutchronologisch versuchte Elvira H. Tóth diesem Fundkreis nahe zu kommen. Sie rechnet mit seinem Auftauchen erst ab dem mittleren Drittel des 7. Jahrhunderts aufgrund der Begleitfunde, in erster Linie aufgrund der gepreßten Köcherrosetten (H. TÓTH­HORVÁTH1992,157-160). Der Widerspruch zwischen der zu späten Datierung dieser Funde und den Köcherbeinen von zwei, durch ein recht frühes Fundmaterial datierten Gräbern des Gräberfeldes A von Kölked-Feketekapu — und welche Köcherbeine aufgrund der Seriation meiner Meinung nach das früheste Motiv aufweisen — fiel Attila Kiss auf, der sich neuestens mit diesem Thema beschäftig­te. Als Erster sonderte er in großen Zügen die früh- und mittelawarenzeitlichen Köcherbeine und die beinernen Köcherzubehöre unsicherer Funktion ab (Kiss s. a.). Die Seriation der Gräber mit als Köcherverzierun­gen dienenden Beinplatten bietet zwei Möglichkeiten. Da

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