A Móra Ferenc Múzeum Évkönyve, 1963 (Szeged, 1963)

Fettich, Nándor: Symbolischer Gürtel aus der Awarenzeit (Fund von Bilisics)

Kampf, allerdings mit Waffen, durchgeführt. Keine Gruppe, keine soziale Schicht der Bevölkerung kann bei diesem Prozess unberührt oder neutral bleiben: es wird der Besiegte entweder Verbündete oder Unterjochte. Einen folgenden Schritt der Eroberung bildet die Exogamie. Die Vornehmen der Eroberer nehmen die Töchter der Eroberten, die im Rang folgenden die der Folgenden, usw. zur Frau. Es erscheint also als völlig unvorstellbar, dass die landnehmenden Ungarn sich vor den „ungebrochen weiter­lebenden" Awaren hätten abschliessen wollen. Csallánys gefällige Behauptungen, darunter hauptsächlich seine chronologischen Feststellungen, haben sich bei der Mehrzahl der ungarischen Fachleute der 50-er Jahre einer bestimmten Anerkennung zu erfreuen gehabt, da sie zu versprechen schienen, neue Luft in die Awarenforschung zu bringen und neue Perspektiven für die Forscher zu eröffnen. Ja sogar kam es der ungarischen Geschichtsschreibung zu Gute, dass die bisherige Bestimmung des zeitlichen Rahmens des awarischen Denkmalbestandes für unrichtig angesprochen wurde und somit die späteste Schicht desselben sich in die erste Hälfte des X. Jh-s einreihen Hess. Dadurch ist letzten Endes aus der awarischen Greifen­und Rankengruppe Hinterlassenschaft der landnehmenden Ungarn geworden. Die volksgeschichtlichen und chronologischen Resultate unserer archäologischen Wissenschaft der 50-er Jahre, darunter als Gipfel die Arbeit Csallánys über den awarischen Gürtel in den Acta A-rchaeologica 1962, lassen sich als eine speziphische Episode in der Entwicklung unserer Wissenschaft verbuchen. Die Gründe und Fehler dieser Richtung habe ich im Jahrbuch 1963 des Museums Szolnok, in Zusammenhang mit der Bearbeitung des berühmten Awarenfundes von Bánhalom, ausführlich be­sprochen. Hier ist nicht der Ort, diesem Komplex nachzuhängen. Es wird genug zu sagen, dass selbst die ausführlichsten Veröffentlichungen und Fundstatistiken Csal­lánys, sowie die ganze Entwicklung unserer Archäologie vor 1945, so gern wir ihre allen Resultate anerkennen und verwerten, noch weitaus nicht ausreichen, um sozi­ologische Feststellungen auf Grund der archäologischen Fundmaterialien zu machen. Eine anspruchsvollere Untersuchung und Auslegung des Denkmalmaterials ist hier erforderlich, um es als geschichtliche Quelle auswerten zu dürfen. Unsere Archäologie ist augenblicklich noch weit entfernt davon. Es kann aber gleich hinzugefügt werden: wie wir sehen werden, ist die Lage nicht hoffnungslos. Es lässt sich nämlich Methode finden, um aus den Funden von Bilisics auch auf die sozialen Verhältnisse der awarenzeitlichen Bevölkerung des Zwischenstromlandes Donau—Theiss und Panno­niens Schlüsse zu ziehen. Vorher aber müssen gründliche Untersuchungen unserer Grabfunde, ihrer Entstehung und Bestimmung vorweggenommen. 1. Der symbolische Gürtel von Bilisics Museumsdirektor F. Móra entdeckte in einem 1,40 m tiefen Grab eines Mannes zu Bilisics eine in ihrer Gattung alleinstehende Gürtelgarnitur. Das Skelett lag mit Schädel nach Nord, mit Fuss nach Süd gerichtet. Bei den Füssen wurde ein brauner Krug grober Handarbeit gefunden. Derselbe unterscheidet sich von den gewöhnlichen awarischen Gefässen so auffallend, dass er, obwohl bestirnt barbarische Arbeit ist, als awarisches Fabrikat gewiss nicht zu betrachten sein wird. 1 Um das Becken lagen die aus Blei gegossenen Beschläge des Gürtels. 2 1 Abgebildet bei Csallány: а. а. О. S. 112, Abb. 3. 2 Csallány: a. a. О. S. 117, Taf. XXVI, 1—20. 62

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