A Móra Ferenc Múzeum Évkönyve, 1963 (Szeged, 1963)

Fettich, Nándor: Symbolischer Gürtel aus der Awarenzeit (Fund von Bilisics)

SYMBOLISCHER GÜRTEL AUS DER AWARENZEIT (FUND VON BILISICS) In Bilisics, gelegen etwa 30 Km entfernt von Szeged gen Westen, wurden zu verschiedenen Zeiten durch Erdarbeiten, sowie durch sichernde Ausgrabung des Museums Szeged, insgesamt 90 Gräber zu Tageslicht gefördert. Ein bedeutender Teil der Fundobjekte ist verloren gegangen. Viele Gräber sollen aber noch, da systemati­sche Ausgrabungen hier niemals geführt wurden, in der Erde geblieben sein. Über die geborgenen Funde hat D. Csallány einen für jene Zeit gewissenhaften, ausführlichen Bericht im Jahrbuch 1957 des Móra Ferenc-Museums veröffentlicht: Grabfunde aus der Awarenzeit von Átokháza—Bilisics, S. 101—122. Seine Arbeit ging über einer einfachen Materialveröffentlichung weit hinaus. Geschichte der verschiedenen Funde und ausführliche Beschreibung der Fundsachen, wohl die beste, die man damals zu geben wusste, wurden in Begleitung einer Typologie, die bestimmt werden sollte über das Gräberfeld ein einheitliches Bild dem Leser zu gewähren, vorgelegt. Den einzelnen Typen wurden Bemerkungen zugefügt, und Probleme derselben besprochen. Grund­linie des Standpunktes von Csallány — wie immer in seinen Arbeiten — war die auf eine Stilkritik aufgebaute Spätdatierung. Er setzte die Zeit des einheitlich anmutenden Gräberfeldes von Bilisics auf die IX—X. Jahrhunderte. Also datierte er es auf eine um 100—150 Jahre spätere Zeit nach der Vernichtung des Awarenreiches und meinte, dass „die ungarische adelige Schicht" sich kulturell, wie blutmässig der „ansässigen awarischen Bauernbevölkerung" gegenüber fast vollkommen verschlossen habe. Diese awarischen Bauern sollen die künstlerisch ausgebildeten Gürtelgarnituren getragen haben. Diese Garnituren, entstanden in der zweiten Hälfte der Awarenherrschaft, ständen auch nach der politischen Vernichtung des Awarenreiches 150 Jahre hindurch ununterbrochen in Mode; ihre Träger, die Awaren, weiterlebend ungebrochen, sänken in Bauernstand und — was ganz sonderbar wirkt — hätten in diesem deklassierten Zu­stand ein von den landnehmenden Ungarn fast vollständig unabhängiges Leben zu führen gehabt. Geht man mit der Kenntnis dieser Konstruktion an eine konsequente Auswertung aller Resultate Csallánys heran, so kommt man zu einer solchen gesell­schaftlichen Umbildung des Awarentums, die die frühere prachtvolle Kultur und Kunst desselben, das Beziehen des Rohstoffes, Technik der Bearbeitung desselben und Reichtum des Motivschatzes betreffend, nicht ungünstig beeinflusst, ja sogar we­sentlich befördert hätte. Dadurch würde eine solche soziologische Formation konstruirt, die in der reichen antiken und mittelalterlichen Literatur über die Steppenvölker nicht einmal in Spuren zu finden wäre, wohl aber allen Daten bezüglich auf die sozialen Verhältnisse dieser Völker durchaus widerspräche. Wird nämlich ein neues Gebiet durch ein Steppenvolk erobert, so stellt sich die erste Aufgabe, alle wichtige Gegeben­heiten und Einwohner des Landes abzulauschen. Die Eroberung wird mit oder ohne 61

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