Kunt Ernő szerk.: Kép-hagyomány – Nép-hagyomány (Miskolc, 1990)

I. RÉSZTANULMÁNYOK - Wolfgang Brückner: Képhasználat és keresztes hadjárat a parasztság ellen a 13. században (Avagy a nácik Stedingenben)

noch oder heute wieder bei Sozialhistorikern heißt. Dieter Harmening hat sich jüngst in dem Sammelband „Europa 1500" (1986) im Zusammenhang der Hexenfrage sehr klar gegen derartige methodologische Denkfehler gewandt und vielmehr von der „Mon­polisierung des orthodoxen Heilsangebots" im Mittelalter gesprochen, das durch Aus­grenzung oder durch Fremddefinition zur eigenen Identität zu finden suchte, mithin die heute wieder so beliebte Theorie von tatsächlichen geheimen Gegenkirchen und dergleichen ad absurdum führt durch die erdrückenden Beweise der literarischen Überlie­ferungen und kanonistischen Explikationen unterstellter Dämonenpakte. Genau solches Belegmaterial aber begegnet nun, wie zu erwarten, in den Begrün­dungen der Ketzereianklage gegen die Stedinger. Es stammt nicht direkt aus Rom, sondern war in Bremen vorformuliert worden in vorangegangene Verdammungsschrei­ben der regionalen Kirchenbehörde, deren Erzbischof damit weltliche Ansprüche durchzusetzen gedachte, also nur vorgeschobene Gründe für ganz andere Motive be­saß, wodurch seine Beweise nicht an Glaubwürdigkeit gewinnen können. Und doch hielt man sich in der Forschung bei derartigen Überlegungen nicht lange auf. „Bauern" des frühen 13. Jahrhunderts gelten bis zum heutigen Tag unter Wissenschaftlern eo ipso für halbheidnisch. 1911 formulierte ein ernstzunehmender Historiker diese com­munis opinio: „Gerade bei den Stedingern, deren Land unter dem Mangel an kirchli­cher Versorgung zu leiden hatte, werden die Erinnerungen an die alten Heidengötter der Väter und der damit verbundene Aberglaube sich besonders lebendig erhalten haben" (Braun S.3). Die von dem nationalsozialistischen Reichsbauernführer Walther Darrée beschimpfte „bauernfeindliche Professorenschaft" dachte und denkt strukturell nicht anders, weil von denselben Prämissen ausgehend wie die Germanentheoretiker des Dritten Reiches. Für die Einschätzung der Stedinger bedeutet dies: hier sei sozusa­gen ein Gutteil tatsächlichen Heidentums mit im Spiel gewesen. Was geben nun die Quellen dafür her? Die Kreuzzugsbulle von 1233 argumentiert in jenem kriegerisch ausgetragenen Streit um Zinsverpflichtungen, schlicht um Zehnt­verweigerung, also um kirchenrechtliche, genauer politische Abhängigkeiten (von Darrée 1934 „Entdeutschungsprozeß" genannt) wie folgt: „Die gewalttätigen und gott­losen Stedinger in der Kirchenprovinz Bremen hat der Teufel verleitet, den Glanz des wahren Lichts zu verlassen", nämlich gegen die Lehre der Kirche zu verstoßen und gegen die Vertreter der Kirche mörderisch vorzugehen. Dies wird konkretisiert durch eine Aufzählung, die schon 1230 in einer Synode zu Bremen vorformuliert worden war und in einem Papstbrief von 1232 schon aufgegriffen wurde, nämlich: Verunehrung des Altarsakramentes, Befragen böser Geister, Anfertigung wächserner Bilder, Ratsuchen bei Wahrsagerinnen, wörtlich 1230 in Bremen „corpus domini horribilius, quam deceat exprimi, pertactasse, querere responsa demonum cereas imagines face re a Phitonissis requirere consilium et alia multa tenebrarum opera". Die Übersetzung der lateinischen Formulierungen von 1230 lautet 1911, daß die Stedinger „wächserne Götzenbilder" aufstellen, die Texte von 1233 im Jahre 1934, sie „machen sich Trugbilder von Wachs". In der volkskundlichen Literatur zum Thema „Bildzauber" finden sich die beiden Stellen seit Grimms „Deutscher Mythologie", respektive im dritten Bande der Ergän­zungen aus dem Nachlaß von 1877 vermerkt und dienen u.a. pauschal als Belege für die frühe Existenz sog. Atzmännlein zur Defixion, sprich als Rachepuppen im Schaden­zauber. Das Thema handelte Jacob Grimm schon 1835 und in der 2. Auflage 1844 im Kapitel 34 „Zaubergeräte" ab, wo sich die Gleichsetzung von Wachsbild solcher im Spätmittelalter „Kobold" geheißenen Fetische zum Zwecke des Liebeszaubers findet. Danach könnte die konkrete Interpretation unseres Anklagepunktes lauten: den Stedingern wird vorgeworfen, Bildzauberattentate unternommen zu haben. Wir ken­nen derartige Anschuldigungen hundert Jahre später vom päpstlichen Hofe zu Avig­non, angeblich gegen Johannes XXII. gerichtet. Fühlte sich mithin der Bremer Erzbi-

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