Fügedi Márta: Állatábrázolások a magyar népművészetben (Officina Musei 1. Miskolc, 1993)

Tierdarstellungen in der ungarischen Volkskunst (Auszug)

In einer regelmässig angeordneten geschlossenen Komposition kann das Tiermotiv meistens als Hauptmotiv angesehen werden. Von der Form her beweist dies, dass die Tiergestalt die Verzierung im allgemeinen auch durch ihren Platz und ihre Abmessung determiniert: die Tiergestalten befinden sich zu beiden Seiten des Blumenstocks, oftmals sitzen sie auf den Zweigen des Blumenstockes, in einigen Mustervarianten bilden sie so­gar eben die Achse des Blumenstockes. Zum Beispiel windet sich auf den Torschnitze­reien von Kalotaszeg anstelle des Blumenstengels eine Schlange. Auf einigen Stickereien aus Westtransdanubien sitzen der Vogel, der Adler oder das Lamm mitten im Blumen­stock; ja es hat den Anschein, als sprössen aus ihnen die symmetrischen Zweige. Auch die in einen Kranz oder ein Medaillon eingefasste Tiergestalt nimmt stets einen zentralen Platz auf der zu verzierenden Fläche ein, egal, ob es sich nun um ein Möbelstück, einen Teller, eine Deckenkassette oder eine Abendmahlsdecke handelt. Die Verzierungen mit Tiergestalten erhalten ihre Bezeichnung meistens nach dem dargestellten Tier, was wiederum ein Beweis für die Bedeutung der Tiere ist: So sprechen sowohl die Schöpfer wie auch die Benutzer von einem Schlangenstab, von einem Kahn mit Widderkopf, von einem Vogelteller oder einer Vögelflasche, von einem Lakenrand mit Hähnen, einem Hirschenmuster oder einem Pelikanenmuster usw. Ein Auflösen der herkömmlichen Kompositionsordnung, ein S ich vordrängen neuarti­ger Verzierungsgrundsätze und eine beschleunigte lokale und zeitliche Gliederung des Verzierungsstils traten ab Ende des 19. Jahrhunderts in der ungarischen Volkskunst im­mer stärker auf. Infolge der Erstarrung und der Vereinfachung der Kompositionen er­hielten die Tierdarstellungen innerhalb der Verzierungen einen neuen Platz und eine andere Bedeutung. Oftmals geschah es nun, dass die Motive recht anorganisch, allein, um einen Platz zu füllen, nebeneinander standen; und meistens entstand die Verzierung nun durch das mechanische Wiederholen einiger Elemente, durch ihr Aneinanderreihen. So wurden auch die Tiere zu einem Reihenmuster. Auch die früher mit einem Blumen­stock oder Blumenzweig kombinierten Vogeldarstellungen veränderten sich. Auf den Verzierungen vom Ende des 19. und Anfang des 20. Jahrhunderts sind anstelle des Vo­gelpaares oftmals ein „turtelndes Taubenpaar" ohne Blume oder aber ein fliegender Vo­gel mit einem Brief im Schnabel zu sehen. Und meistens stand diese Darstellung schon ausserhalb der Verzierung, höchstens auf der Oberseite oder in der Ecke. Die ins Detail gehende und um Naturtreue bemühte Darstellungsweise, die in den Verzierungen späterer Gegenstände aus der Volkskunst auftrat, zeigte sich auch bei den Tiergestalten. Für die Tierdarstellungen der Volkskunst waren über Jahrhunderte hinweg die Stilisierung und die zeichenartige Darstellung charakteristisch, doch spätere Darstel­lungen verlieren sich oft in den Details, was auch die präzise Determinierung der Mus­terbezeichnungen widerspiegeln: So sprach man bei den im 20. Jahrhundert in Kalotaszeg gebräuchlichen Stickereien von Schwalben-, Tauben-, Nachtigallen-, Reh­und Wildziegenmustern. In den lebensnahen Darstellungen der späten Hirtenschnitzerei­en tauchen dann auch die Tiergestalten auf, die man bis dahin nicht als Verzierungen be­nutzte, wie z.B. das Eichlhörnchen, der Hund, der Fuchs, der Ochse usw. Schliesslich soll noch von dem Symbolwert der Tiermotive in der Volkskunst gespro­chen werden: darüber, ob diese Motive tiefere Informationen und Botschaften in sich ber­gen. Es stimmt zwar, dass ein bedeutender Teil der Tierdarstellungen als Überleben mehrere Jahrhunderte alter Motive anzusehen ist, und dass diese irgendwann einmal auch mythische, religiöse oder eben erotische Bedeutung getragen haben können, doch muss

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