Janus Pannonius Múzeum Évkönyve 19 (1974) (Pécs, 1977)
Régészet - Maráz, Borbála: Chronologische Probleme der Spätlatenezeit in der Südtiefebene (Südost-Ungarn)
120 BORBÁLA MARÁZ um Gräber solcher Personen handeln, die in ihrem Leben — unter anderen — auch Krieger waren. Die alleinstehenden Gräber und kleinen Gräberfelder beweisen aber eines, und zwar das, daß wir bei den Kelten nicht die, in erster Linie bei den nomadisierenden Völkern der Völkerwanderungszeit beobachtete Erscheinung vorfinden können, daß der Friedhof „das Zentrum", die Verbindung einer größeren, auf Verwandschaftsbeziehungen beruhenden Gemeinschaft war, wo sich ein jeder, unabhängig vom Wohnort (oder weil er gerade keinen ständigen Wohnort hat) bestatten läßt. Die große Schwankung der Grabanzahl der keltischen Gräberfelder wurde vielleicht dadurch verursacht, daß diese Gräberfelder gerade dem Siedlungssystem folgten. Demnach können die alleinstehenden Gräber und kleinen Gräberfelder mit aus ein-zwei Häusern bestehenden Einzelhöfen, vicusartigen Siedlungen oder sehr kurz bewohnten Siedlungen verbunden werden, während die großen, manchmal mehr als hundert Gräber beinhaltenden Gräberfelder zu großen Dörfern und Oppida gehören konnten. Von dem Vorhandensein der vicusartigen Siedlungsform der Kelten haben wir — außer archäologischen Beobachtungen geringerer Anzahl 91 — auch von Beschreibungen der antiken Auktorén Kenntnis. Zwar beziehen sich diese Angaben nicht ausgesprochen auf das Gebiet Ungarns, trotzdem ist es unwahrscheinlich, daß wir bei uns in der Latènezeit grundlegend andere Verhältnisse vorfinden, als auf anderen, von den Galliern bewohnten Teilen Europas. Caesar, dessen Aufmerksamkeit als Feldherr während seiner gallischen Feldzüge in erster Linie den Geländeverhältnissen, den gallischen Siedlungen und ernährungsbeschaffenden Orten galt, schreibt an mehreren Stellen über die Einzelhöfe und Meierhöfe der Galliern, und wenn er über die Züge und Brandstiftungen des Heeres berichtet, erwähnt er neben den Oppida stets separat die Dörfer und Einzelhöfe. 92 Über die Le91 Vicusartige keltische Siedlungen in dem Gebiet von West-Ungarn: Keszthely—Úsztató, wo ein einziges Haus zum Vorschein kam (L. Horváth: Későkeltakori lakóház leletmentése Keszthely-Úsztatón. — Freilegung eines Wohnhauses aus der spätkeltischen Zeit in Keszthely-Üsztató. Veszprém m. Múzeumok Közleményei 11.1972.85—91.) Im Komitat Fejér beobachtete auch Éva F. Petres ähnliche Erscheinungen (É. F. Petres: Fejér m. története I. 3. 8—10.). 92 Caesar: Bellum Gallicum VI. 6. „Caesar .... aedificia vicosque incedit, magno pecoris atque hominum numero potitur."; VII. 14.: „pabulum secari non posse;, necessario dispersos hostes ex aedificiis petére, vicos atque aedificia incendi oportere..." ; VIII. 5. : „calamitate ceterorum docti Carnutes desertis vicis oppidisque, quae tolerandae hiemis caubensweise und Gebräuche der Germanen schreibend, hebt er hervor, daß bei ihnen eine Familie nie eine ständige Bodenfläche oder einen ständigen Wohnort hat, sie siedeln jährlich in eine andere Gegend um. 93 Tacitus schreibt dasselbe über die Germanen, 94 und Appianos, der seine geschichtlichen Bücher an der Wende des I. und II. Jhs. u.Z. schrieb, sagt über die Pannonier, daß sie nicht in Städten, sondern in Dörfern und Einzelhöfen lebten. 95 Das Gesagte unterstützen auch unsere bisherigen Kenntnisse über die keltischen Siedlungen der Süd-Tiefebene: ihr größter Teil war klein und nur kurze Zeit bewohnt. Als solches kann der unlängst freigelegte, spätlatenezeitliche Vicus der Insel Csongrád-Vidre^ und vielleicht Szegvár—Hanffabrik?" betrachtet werden, wo beim Bau der Röste ein Teil eines in den Boden vertieften Hauses mit Tongut zum Vorschein kam. Die Ausdehnung dieser letzteren Siedlung kennen wir nicht, da sie nicht ganz freigelegt wurde; nur so viel ist sicher, daß sie kurze Zeit bewohnt war. Bei der Freilegung des Fundortes Öszentiván VIII., der neolithischen Siedlung neben dem Bahnhof, hat man ebenfalls zerstreute keltische Siedlungsspuren gefunden. In der 1. und 2. Grube kam das getöpferte latènezeitliche Keramikmaterial zum Vorschein, und auch von hier stammen die an der Oberfläche gefundenen zerstreuten keltischen Tonscherben. 98 sa constitutis repente exiguis ad necessitatem aedificiis incolebant." 93 Caesar: Bellum Gallicum VI. 22.: „neque quisquam agri modum certum aut fines habet proprios, sed magistratus ac principes in annos singulos gentibus cognationibusque hominum quique una coierunt, quantum et quo loco visum est agri adtribuunt atque anno post alio transire cogunt." 94 Tacitus: Germania 16.: „Nullás Germanorum populis urbes habitari satis notum est, ne pati quidem inter se iunctas sedes. colunt discreti ac diversi, ut tons, ut campus, ut nemus piacúit, vicos locant non in nostrum modum conexis et cohaerentibus aedificiis- suam quisque domum spatio circumdat, sive adversus casus ignis remedium sive inscientia aedificandi." 96 APPIANOS: Illyrica 22.: . blwSrjcr Se èany rj ÍTOLIÓVOUV HOCI biinrjxrjcr èÇ 'Iu-noScùv ènî AocQÔâvouo wai óv nóXsicr doxovv oi Jlaciovea ÔISE, àXX' àyQOver rj Kdüßctcr Koaà avyyéveiocv. 9(1 Gy. Goldman: MFMÉ 1971—2. 53—61. — Júlia Szénászky legte bei der Ausgrabung einer großen bronzezeitlichen Siedlung ein typisch keltisches Vicus frei, das insgesamt aus 2, in die Erde vertieften Häusern, einem Ofen und einigen Abfallgruben bestand. 97 J. Csalog: Arch. Ért. 1959. 201. 98 JVÎ_ Párducz: Ásatás Ószentivánon. Dolg. XVII. Szeged 1941. 175. Der Ausgrabungsbericht erwähnt die keltischen Funde. Das latènezeitliche Material wurde in der Publikation von Öszentiván VIII. (J.