Rosta Szabolcs szerk.: Kun-kép - A magyarországi kunok hagyatéka (Kiskunfélegyháza, 2009)
Hakan Aydemir: Nyelvészeti megjegyzések a kun miatyánk Vincze-féle változatához
KUN-KÉ P" A MAGYAR O R SZÁG1 KUNOK HAGYATÉKA ligen zweisprachigen Muslime bzw. christianisierten Kuman-Kiptschaken in Ungarn hinweisen, schienen meine erste Arbeitshypothese zu unterstützen. Man vergleiche ungarisch alahajdom ~ alahajdon < alah ajdon < *Allah áldjon! 'Gott befohlen! / mit Got!', alfekor ~ alafekor (< *aläfek Kor < *alä hüekwör) < *Allähu ekber 'Gott ist erhaben!', hej alah hilalah < *allah heillallah < *alläh, lä ilähe illalläh 'Herrgot!' (vgl. im Türkeitürkischen Allah + la ilahe illallah, arabisch lä iläha ilä 'lläh). So könnte man aufgrund dieser Tatsachen im Prinzip daran denken, dass an diesen Wanderungs-Wellen aus dem Gebiet der Goldenen Horde nach Ungarn auch die Oghuzen teilgenommen haben, und die oghuzsprachige „VinczeVariante" könnte man vielleicht so erklären. Diese anfangliche Arbeitshypothese von mir hat sich jedoch wegen bisher unbekannter Daten und Fakten als Sackgasse erwiesen. Im Buch von János Jerney aus dem Jahre 1851, habe ich nämlich Daten gefunden, die den Forschern bisher entgangen sind, und diese Daten halfen mir eindeutig zu bestimmen, woher eigentlich diese „Vincze-Variante" stammt. Es erwies sich nämlich wegen dieser Daten, dass diese Variant eigentlich nicht authentisch ist, und deshalb kann man in Bezug auf ihre „Herkunft" alle bisherigen Erörterungen und Hypothesen von Cornides, Gyárfás, Kuun und auch meine erste Hypothese für nichtig erklären. In seinem Buch vergleicht Jerney die Varianten des tatsächlichen kumanischen Vaterunsers in Ungarn und gibt dazu als Vergleichsmaterial ein osman-türkisches Vaterunser, allerdings mit mehreren etwas deformierten und falsch transkribierten Wörtern. Dieses osman-türkische Vaterunser ist völlig identisch mit der „Vincze-Variante". Abweichungen sind durch deformierte und falsch transkribierte Wörter zu erklären. In Bezug auf die Forschungsgeschichte ist dieser Umstand deshalb wichtig, weil weder Cornides, noch Gyárfás und Kuun oder spätere Forscher darauf aufmerksam geworden sind. Oder besser: Vielleicht sind sie aufmerksam geworden, aber wegen der Deformationen bemerkten sie nicht, dass die beiden, also das osman-türkische Vaterunser und die „Vincze-Variante", eigentlich identisch sind. Alle drei, sc. Cornides, Gyárfás und Kuun, haben deshalb in Bezug auf die „Herkunft" der „Vincze-Variante" abweichende und unzutreffende Schlussfolgerungen gezogen. Ich wäre auch wegen meiner anfänglichen Arbeitshypothese in diese Falle geraten, wenn ich auf die Angaben bei Jerney nicht aufmerksam geworden wäre. In seinem Buch erwähnt Jerney (1851) mit keinem Wort den „sehr alten Kumanen" namens „Vincze" oder den Freiherr Lőrinc Orczy als Quelle für dieses osman-türkische Vaterunser. Er gibt dafür als Quelle nur die osman-türkische Grammatik Grammalica Turcica des deutschen Orientalisten Johann Christian Clodius (1729), wo dieses osman-türkische Vaterunser als Beispieltext erscheint (s. Anhang 2). Dieser Beispieltext bei Clodius ist auch identisch mit der „Vincze-Variante", mit dem Unterschied, dass Clodius beim Abschreiben dieses Beispieltextes vom Buch von Brown und Keblewhite (1730) versehentlich die folgende Zeile weggelassen hat: "Senun iradetun olsoun nilegim gougde dahijerde " ('Dein Wille geschehe so im Himmel wie auf Erden'). Alle Fakten weisen daraufhin, dass die „Vincze-Variante" nicht authentisch ist. Dies wird auch durch die Tatsache eindeutig unterstützt, dass der Freiherr Orczy die Transkription des osman-türkischen Vaterunsers bei Brown und Keblewhite „Wort für Wort" und „Buchstabe für Buchstabe" zusammen mit allen Fehlern abgeschrieben hat (s. bei B&K, Clodius und Orczy: vesultanet, adehal usw.). Alle Forscher, die später die „Vincze-Variante" abgeschrieben haben, brachten weitere Fehler in die „VinczeVariant". In der letzten Wiedergabe dieses Vaterunser-Textes von Mária Frick aus dem Jahre 1974 ist die „Vincze-Variante" von Orczy bis zur Unkenntlichkeit entstelltt. Für die Chronologie der Forscher vergleiche man oben das Diagramm, das mit Seamann (1666) beginnt und mit Mária Frick (1974) endet. Aufgrund der oben und im ungarischen Teil ausführlich dargelegten Tatsachen steht also fest, dass die „Vincze-Variante" eine Fälschung ist, und sie hat keine Beziehung zu den Kuman-Kiptschaken in Ungarn. Die Frage, warum Orczy so etwas gemacht hat, bleibt jedoch offen. 270