H. Tóth Elvira - Horváth Attila: Kunbábony (Kecskemét, 1992)

IV. Die Insignien der fürstlichen Würde: Das Zubehör des khaganischen Gürtels Kat. 1–18

„KÖCHERVERSCHLUß'' BZW. MESSERHALTERUNGS­BESCHLÄGE (Kat. 53., 68.) Das vielleicht am schönsten verzierte Tierkopf- Exemplar dieses Beschlagtypus' stammt aus den Fun­den des Grabes von Kunbábony (Kat. 53.). Die vom Tierkopf bis zur Spitze des Schildkörpers verlaufende, ährenmusterartig gezahnte, zisellierte Verzierung als Markierung der Mähne wird auf dem Schildkörper von einem kunstvoll gearbeiteten doppelten Spiral­motiv unterbrochen. Auf ähnlich gewissenhafte Wei­se geschah die Glättung der Ränder des Beschlags, die Vertiefung siener Kanten, das Einschlagen des Kerbschnittes. Siene Bearbeitung, Verzierung steht den Beschlägen des Messers, Katalog Nr. 58, sowie dem Goldband des unteren Köchersaumes am näch­sten. Die Parallelen seiner Verzierungsweise werden von uns deshalb zusammen mit den vorgenannten analysiert. Bezüglich seiner Form läßt sich der Beschlag der durch János Kalmár definierten Gruppe der als an den Gürtel genieteten Verschlußhaken zuordnen,584 mit dem Unterschied, daß seine Anbringung analog zu den Beschlägen des Pseudoschnallen-Gürtels durch aufgelötete Schlaufenösen erfolgte. Im Falle des ver­wandten Exemplars aus Bocsa hielt Gyula László seine Verwendung als Verschlußhaken des aufklappbaren Köcherdeckels für wahrscheinlich, und verwarf die Möglichkeit seiner Interpretation als Aufhängerbe­schlag des Trinkhorns.585 Das Problem besteht für uns nur darin, daß sich unter den Funden von Kunbábony auch ein genau diesem Typ zugehörender Silberbe­schlag befand (Kat. 68.), ohne daß wir jedoch sonstige Beweise für das Zubehör eines zweiten Köchers hät­ten. Dieser wurde aus dünnem und ursprünglich flexiblem Silberblech gefertigt, das man mittels zweier Niete befestigte. Sein Material aber ist derartig dünn daß er keinerlei Gewicht getragen haben konnte. Die Bestimmung als Köcherverschluß wurde übri­gens auch durch einen Teil der Analogien wahrschein­lich. Das vielleicht als früheste Exemplar stammt aus Grab 21 des Gräberfeldes von Mór, wo es unter den beinernen Verzierungen des Köchers zum Vorschein kam.586 Ein Köcher befand sich auch im Grab von Szeged-Csengele,587 dessen bronzener Verschlußbe­schlag dem Silberbeschlag von Kunbábony am näch­sten steht. Analog zu den tierköpfigen Exemplaren von Bocsa und Kunbábony aus Fundkomplexen mit Bogen-Köcher stammen auch die stilisierten (Grab 584. KALMÁR: 1943, 153-154. 585. LÁSZLÓ: 1955, 224. 586. TÖRÖK: 1954, 55, Abb. 2, Taf. IX. 7. 587. CSALLÁNY: 1939, 129, Taf. VII. 34. XXIII, Kiskörös-Vágóhídi dűlő) und die Tierköpfe nur noch andeutenden (3. Fund von Igar)588 gegossenen, flechtenverzierten Verschlußbeschläge aus vergolde­ter Bronze bzw. vergoldetem Silber.589 Letztere sind sowohl von der goldbeschlagenen, als auch der bron­zenen Gürtelgarnitur verschieden. Auf den beiden Gürteln des Grab 32. aus eines Mannes von Rang im Gräberfeld Kecel-Határ dűlő treffen auf eigenartige Weise die gepreßten und Beschläge der mittleren Awarenzeit aufeinander sowie die spätawarenzeitli­che gegossene Gürtelgarnitur mit Greifen und Tier­kampfszenen,590 der „Verschlußbeschlag'' wiederum ist rankenverziert. Aus diesem Schwert-Grab kamen allerdings keine auf Köcher oder Bogen hindeutenden Funde zum Vorschein. Auf mögliche Verschlußbe- schläge-Ensembles von Mártély591 und Mosonszent- jänos fehlen uns jegliche Hinweise. Feststellen können wir aber, daß die Verschlußbeschläge der frühen und mittleren Awarenzeit scheinbar in der Regel aus Köcher-Bogen-Fundkomplexen zum Vorschein kom­men, und sich nicht selten vom Stil der Gürtelgarnitu­ren unterscheiden, so daß sie nicht als deren unmit­telbares Zubehör anzusehen sind. Die Definiertion dieser Beschläge ist auch weiter­hin nicht unproblematisch. Einerseits betrachten wir es nicht als erwiesen, daß zu den goldbeschlagenen Köchern von Bocsa und Kunbábony irgendeine auf­klappbare Köcheröffnung gehört hätte, andererseits läßt sich der beim beinverzierten Köcher von Mór beobachtete Verschlußbeschlag an der Rekonstruk­tion des Köchers nicht eindeutig unterbringen; und schließlich ist dieser verhältnismäßig seltene Be­schlagtypus keinesfalls eine notwendige Begleiter­scheinung der langen Reihe der verzierten und un- verzierten Köcher. Leider sind uns in diesem Fall auch die osteuropäischen Parallelen keine Hilfe, da das Vorkommen dieser Beschläge östlich von uns noch seltener ist und wir auch die wirkliche Funktion der bekannten Exemplare von Newolino592 und Boriso- wo593 nicht kennen. Im Hinblick auf die Laufzeit des Typs scheint es, daß er in der ersten Periode der Frühawarenzeit un­bekannt war, erst im zweiten Drittel des 7. Jh. auf­taucht und von da an bis zum Beginn der Spät­awarenzeit in Gebrauch ist. Seine verzierte Tierkopf­ausfertigung beginnt eben mit den Funden von Bocsa und Kunbábony, die einen Platz in der Mitte 588. LÁSZLÓ: 1955, 32, Taf. IX. 17. 589. FETTICH: 1929, 70, Taf. IX. 22. FÜLÖP: 1988, 181, Abb. 12.2, 13.2. 590. CS. SÓS: 1958, 8, Taf. XVIII. 7, XX. 1-7. 591. HAMPEL: 1905, Bd. II. 107, Bd. III. Taf. 85.4. 592. MAROSI-FETTICH: 1936, 86, Abb. 37.7. 593. ERDÉLYI: 1982. Anlage 6. 163

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