H. Tóth Elvira - Horváth Attila: Kunbábony (Kecskemét, 1992)
IV. Die Insignien der fürstlichen Würde: Das Zubehör des khaganischen Gürtels Kat. 1–18
ein schlaufenköpfiger Silbernagel heraus, darunter und darüber sowie am unteren Ende der Beschläge wurde das zwischen die Silberplatten gepreßte, verstärkende Holzplättchen von je einer Niete befestigt und zusammengehalten - bzw. das Textil- und Ledermaterial, das wir beobachten und zum Teil auch retten konnten. Unter der Lederschicht fanden wir sogar noch ein auffallend kleines Messer. Aus all dem müssen wir den Schluß ziehen, daß diese Beschläge zur Verzierung und gleichzeitigen Anbringung der Klappe einer aus Leder mit Textilapplikation gefertigten Tasche gedient haben könnten. Zum gleichen Zweck müssen auch die Beschläge des Lundes von Peszér-Adacs gefertigt worden sein, auf deren Zeichnungen der ersten Publikation der schlaufenköpfige Nagel bzw. dessen nietnagelartig breitgebogener Schaft auf der Rückseite noch zu sehen war.491 Auch auf dem Beschlagpaar von Kunbäbony finden wir den für die Nägel gefertigten, rechteckigen Durchbruch und in dessen Nachbarschaft die in einem größeren Viereck angeordneten vier Bohrungen für die Niete, sowohl auf den Blechen der Vorder-, als auch der Rückseite. Lediglich in ihren Proportionen weichen die Beschläge des Lundes von Kunbäbony von den aus Silber gefertigten Exemplaren ab, sie haben eine schlankere, gestrecktere Lorm, denn ihre Länge beträgt 9,0 cm, ihre Breite aber 1,8 cm. Cut veranschaulicht die Konstruktion und Verwendung dieser Taschen der aus den urmarischen Gräberfeldern von Wesselow zum Vorschein gekommene Taschenfund (Abb. 65.3-5.), dessen Öffnung beidseitig ebenfalls von vernieteten Metallbändern umgeben ist.492 István Erdélyi, der die Porschung auf diesen Taschentypus aufmerksam machte, hält ihn für das Ergebnis eines nomadischen Einflusses auf die Finno — ugrier, der von den Völkern der bewaldeten Gebiete über lange Zeit hin bewahrt wurde.493 Damit, so meine ich, ist die Frage der Anbringung des in die Zeit und den Kreis unserer frühwarenzeitlichen Schwerter mit langen „P"-Halterungsösen einzuordnenden Aufhänger-Beschlagpaares als gelöst zu betrachten. Die wohl für ein Frauengrab typischen Beigaben der Funde von Peszér-Adacs, waren wohl kaum mit einem Schwert mit „P'-Halterung vergesellschaftet. Gleichzeitig widerspricht dies nicht der Definition des aus dem Khagangrab stammenden goldenen Beschlagpaares, ist doch das Tragen von Taschen in Frauen- und Männergräbern in gleicher Weise zu 491. HAMPEL: 1897, CCCXXVI. 4-4a, 1905, Bd. III. 269/4a-c. 492. ARCHIPOW: 1973, 45, 1-2; 48. 493. ERDÉLYI: 1961, 358, Abb. 2.6. ERDÉLYI: 1977, 72. FODOR: 1977, 113, Abb. 15. beobachten, was wir versucht haben, für einen mit Bronzeblech bzw. Knochenleiste schließenden Taschentypus der frühawarischen Zeit zu belegen.494 Dieser neuere Taschentypus mit entgegengesetzt stehenden „P"-Beschlägen der Frühawarenzeit ist nur in einem außerordentlich engen Kreis bekannt, von insgesamt zwei Fundorten. Einer ist das Khagangrab in Kunbäbony, der andere aber das mit großer Wahrscheinlichkeit mit dem Fundort der Gegenstände von Peszér-Adacs identifizierbare Gräberfeld von Kunpe- szér-Felsőpeszéri út. Neben den sonstigen verwandten Zügen macht auch dies auf die Zusammenhänge zwischen den nahe beieinander liegenden Fundgruppen bzw. Fundkomplexen aufmerksam. Die Rosettenverzierungen der Kunbäbonyer Taschenbeschläge finden wir allerdings auch unter den frühawarischen Funden der „P"-förmigen Schwerthalterungen mit gestrecktem Schaft. Als beste Parallele dazu - obwohl wir betonen müssen, daß diese Beschläge an den Schwertern immer breiter und kräftiger sind als die gestreckten an den Taschen - erachten wir die des Schwertes aus dem Grab 8 des Gräberfeldes Deszk G.495 Am unteren Ende des perlengerahmten silbernen Schwertaufhängerbeschlags verdeckt eine Glaseinlage in einer kleineren, mit Punktreihe gerahmten Fassung im oberen Bogen des „P" eine zweite in einer größeren, die Nieten. Dem ähnelt der ebenfalls gestreckte, „P"-förmige Beschlag des Schwerts ohne Parierstange aus dem Grab 2 des Gräberfeldes Kiszombor-,,0" an dessen unterem Ende sich jedoch kein, mittels einer Fassung verzierter Niet befand.495 Aus dem Grab kamen eine maskenverzierte Gürtelgarnitur mit vielen Riemenzungen, ein Ohrgehänge mit Kugelschmuck und daneben eine Pho- kas-Goldmünze zum Vorschein, die den Fund zumindest in das erste Drittel des 7. Jh. datiert. Dies kann für unsere im Typus etwas abweichenden Taschenbeschläge einen Datierungshinweis geben, den anderen Anhaltspunkt aber geben die ihnen näherstehenden gestreckteren, aber unverzierten Schwertaufhänger aus dem Männergrab 27. des benachbarten Gräberfeldes Kunpeszér,497 die unserer Meinung nach im mittleren Drittel des 7. Jh. ins Grab gelangt sein müssen und die sich in erster Linie zu den Halterungsbeschlägen der Säbel aus Kecskemét-Ballószög und Iväncsa in Beziehung setzen lassen.498 494. H. TÓTH: 1980, 144-147, Abb. 27; und 1981, 27-29; Abb. 24 a-b. 495. CSALLÁNY: 1939, 126-127, Abb. 2,2. 496. CSALLÁNY: 1939, Abb. 2.1, Taf. I. 1. 497. H. TÓTH: 1987. (Manuskript) 498. SZABÓ: 1939, Taf. I. 1a, s. Anm. 452. BÓNA: 1970, 252; Abb. 8. 13-14. 154