H. Tóth Elvira - Horváth Attila: Kunbábony (Kecskemét, 1992)
III. Die Requisiten und Rekonstruktion der Bestattung
Fundes muß es zweifellos als Obolus in den Mund der Toten gelangt sein, als klassisches Beispiel für die Beigabe eines Toten-Obolus. Die Plättchen, Scheiben aus Edelmetall gefertigte Münzen vertreten wurden von István Bóna als für den Kreis von Mezőszilas—Tótipuszta typische Totenobo- lus-Beigaben bestimmt. Aufgrund der mit Münzen datierten Funde umriß Bóna gleichzeitig die chronologische Lage und das historische Schema der Tóti- puszta-lgar-Cruppe .'°3 Ihm folgend stellt Éva Caram im Rahmen ihrer Aufarbeitung des Gräberfeldes von Kisköre’04 bzw. in einer gesonderten Studie die für die mittlere Awarenzeit charakteristischen Obolus- Münzen, Fälschungen und Imitationen zusammen, und geht dabei auch auf die Beigabe der die Münzen vertretenden Goldplättchen als Obolus ein.'05 Sie sieht es als erwiesen an, daß die Münzimitationen ähnlich wie die Münzen für die mittelawarische Epoche von datierendem Wert sind. Zuletzt befaßte sich wiederum I. Bóna mit den frühen Anfängen der Münzbeigaben bzw. Entrichtung eines Toten-Obolus und dem östlichen Ursprung dieses Brauchs. Unter anderem zählt er dabei auch die in die awarenzeitlichen Gräber als Obolus beigegebenen römischen Münzen auf, und beweist, daß die Awaren diesen Brauch unabhängig von den im Karpatenbecken Vorgefundenen Völkern kannten und ausübten bzw. wiederverbreiteten.’06 Zu der riesigen Datensammlung können wir lediglich mit einigen ergänzenden Angaben beitragen, die einerseits bekräftigen, daß die die Münzen vertretenden Goldbleche typisch für die mittlere Awarenzeit sind, andererseits bestätigen, daß es den Brauch vereinzelt auch in der frühen und späten Awarenzeit gab. Aus dem Grab 15 des Gräberfeldes Szabadszállás- Batthyány út kam ein aus Goldblech ausgeschnittener kreisförmiger Obolus zum Vorschein, der am Rand mit einer unregelmäßig eingeschlagenen Punktreihe verziert war. Auf der Grundlage seiner Begleitfunde- Überreste einer Blechgürtelgarnitur bzw. Gürtelbeschläge mit Greifenmotiv — ist der Gräberfeldteil an die Wende vom 7. zum 8. Jh. datierbar (unter den Funden der zerstörten Gräber des Gräberfeldes war auch eine römische Münze).’07 Angesprochen werden muß ferner, daß das aus dem Grab einer vornehmen Frau vom Fundort Cibakháza stammende, mit einer Reihe kleinerer oder größerer eingeschlagener Kreise verzierte Goldblech viel- 103 104 105 106 107 103. LÁSZLÓ: 1940, d, 147, 152, 153. BÓNA: 1970, 256-261. 104. CARAM: 1978, 88-89. 105. CARAM: 1978, 210-214. 106. BÓNA: 1980, 74, 88-89. 107. H. TÓTH: ArchÉrt. 1975, 304, unveröffentlicht. leicht auch ein Totenobolus gewesen sein könnte, obwohl seine Abmessung größer ist als bei den gewohnten, beispielsweise beim jüngst bekannt gewordenen Obolus von Endröd.108 Tatsache aber ist zweifellos - wie dies auch Gy. László feststellt —, daß es mit den übrigen Stücken des Fundes nicht in Verbindung gebracht werden kann.'09 Im Reitergrab 32 des spätawarischen Gräberfeldes von Hortobágy-Árkus fand man in der Nähe des Schädels eine aus Goldblech ausgeschnittene, aufgerauhte kreisförmige Goldscheibe.”0 Die gegossene, vergoldete Gürtelund Pferdegeschirrgarnitur datiert das Grab in die Reihe unserer spätawarenzeitlichen Funde. Auch mit Hilfe dieser Beispiele läßt sich die Feststellung von I. Bóna untermauern, wonach die Führungsschicht des Awarentums zum Ende des 7. Jh. versucht, das wirkliche Geld zu ersetzen. Zu dieser Zeit entstehen - größtenteils nach dem Muster der Münzen Konstatinus IV. — die awarischen Solidus- Fälschungen, und genau zu jener Zeit ersetzt man die Goldmünzen durch die aus Goldplättchen ausgeschnittenen, als Obolus verwendeten Blechscheiben.”’ Die erwähnten Grabfunde sind gleichsam eine Illustration auch der für die Goldblech-Obolusse angegebenen Altersbestimmung. Über die Münzimitationen ist der Brauch der Entrichtung eines Goldobolus und dessen ununterbrochene Ausübung im awarischen Reich bis zur Wende vom 7. zum 8. Jh. hin verfolgbar, und tritt erst am Ende des Jahrhunderts erneut auf.”2 Kaum vergleichbar sind die in den außerordentlich zahlreichen bekannten Bestattungen des 8. Jh. nur sehr selten vorkommenden, vereinzelten Obolusfunden mit der Häufigkeit des Vorkommens der Obolusse, die zum Ende des 7. Jh. tatsächlich als Kennzeichen der Epoche, als regelmäßige Beigabe in den ranghöheren Gräbern zu betrachten sind.”3 Der Silberobolus des Frauengrabes 29 von Kunpeszér und der ähnliche Fund des 1. Grabes von Kunbábony weichen lediglich bezüglich ihres Materials von den aus Goldblechen ausgeschnittenen Obolussen vom Ende des 7. Jh. ab. Das ist allerdings nicht so verblüffend, wenn man das im Frauengrab 128 des Gräber108. LÁSZLÓ: 1955, 241-242, Taf. UV. 6. JANKOVICH-MAKKAY-SZŐKE: 1989, 137, Abb. 3, 21, Taf. 53, 4. 109. E. Caram und I. Bóna sahen den Fund infolge seiner ungewohnten, mit Kreisen bedeckten Verzierung nicht als Obolus an, weshalb sie ihn ihren zitierten Materialsammlungen nicht aufführten. I. Bóna war so freundlich, mir dies mitzuteilen. 110. H. TÓTH: ArchÉrt. 1960, 238, ArchÉrt. 1961, 292, nicht veröffentlicht. 111. BÓNA: 1980, 82. 112. BÓNA: 1980, 82. 113. WERNER: 1986, 29. 86