Litzmann, C. T. Carl dr.: Das Kindbettfieber in nosologischer, geschichtlicher und therapeutischer Beziehung (Halle, 1844)
Erstes Kapitel: Nosologie des Kindbettfiebers §. 1-10
9 gewöhnlich durch die vorhergegangene Entzündung ein Thrombus gebildet, der die Mündungen schliesst, oder es treten Blutungen ein; in beiden Fällen ist die Aufnahme behindert. Doch kann allerdings der Thrombus selbst eiterig zerlliessen und in diesem Zustande in die Blutmasse gelangen, lieber das Verhalten der corrodirten Lymphgcfässe fehlt es an directen Beobachtungen. Ist dagegen der Eiter innerhalb des Gelass- systemes in Folge von Phlebitis oder Lymphangioitis entstanden, so bieten sich auch hier seiner Ueberführung in den Kreislauf grosse Schwierigkeiten dar. Denn in den entzündeten Venen hört alsbald die Circulation auf, indem das ursprünglich faserstoffige Exsudat gerinnt und mit dem zugleich coa- gulirenden Blute einen das Lumen des Gefässes ausfüllenden Pfropf bildet, welcher dem nachdrängenden Blute den Weg versperrt. Dieser Pfropf besteht am Entzündungsheerde gröss- tentheils aus concentrischen Faserstoffschichten, deren äusserste innig an der Gefässwand haftet. Jenseit desselben verlieren sich allmälich die Faserstoffschichten und gehen, besonders nach unten, weniger nach oben zu in ein faserstoffärmeres, weicheres Blutcoagulum über, das der Gefässwand gar nicht oder nur lose anhängt. Die Umbildung in Eiter beginnt im Centrum des Pfropfes und erstreckt sich gewöhnlich nicht weiter, als die Faserstoifschichten reichen, so dass der Eiter durch das ober- und unterhalb befindliche Blutcoagulum von der übrigen Blutmasse vollständig abgeschlossen ist. Doch findet diese sogenannte Sequestration nicht immer Statt und in diesem Falle ist ein unmittelbarer Uebergang des Eiters in den Strom der Circulation möglich, wenn durch die vis a tergo die Entzündungsproducte allmälich über ihre Bildungsstätte hinaus in diejenigen Venen vorgeschoben werden, in denen noch ein ungestörter Kreislauf besteht. Hat sich der Eiter ursprünglich in den Lymphgefässeu gebildet, so könnte er durch die selbstständige peristaltische Bewegung derselben weiter geschafft werden, allein in der Regel wird die Contractilität ihrer Wände durch die Entzündung mehr oder minder beeinträchtigt und aufgehoben sein. Indessen ist es ungeachtet aller dieser Schwierigkeiten eine unbestreitbare Thatsache, dass wenigstens in Folge von