Győry, Tiberius von dr.: Semmelweis' gesammelte Werke (Jena, 1905)

Semmelweis' Abhandlungen und Werk über das Kindbettfieber

Endometritis als Ausgangspunkt der Pyaemie auffinden kann. Die Milz ist immer gross, matsch, wenn auch von Entzündungsherden frei. Es fragt sich nun, wie die Entstehung der metastatischen Ent­zündungen zu erklären sei? In einzelnen Fällen müsse man allerdings annehmen, dass eine Entzündung der Venen des Uterus oder seiner Innenfläche voraus­gegangen und bereits wieder abgelaufen sei, wofür einmal die zurück­bleibende Verdickung der Häute der grösseren Gebärmuttervenen, sodann auch jene Fälle sprechen, wo nach unzweifelhaft constatirter Metrophlebitis Heilung zu Stande kommt. Für die anderen Fälle dagegen, in denen sich keine Spur einer Uterusaffection auffinden lässt, müsse man die Frage aufwerfen, ob hier die Blutmasse an sich zur eiterigen Zersetzung neige? Wo steckt der Angriff gegen meine Lehre in diesem Aufsatze? Meine Lehre sagt: Das Erste bei dem Kindbettfieber ist die Re­sorption eines zersetzten Stoffes, das Zweite ist die Blutentmischung, und in diesem Stadio kann die Krankheit schon tödtlich werden, und mit diesen zwei Dingen ist das Wesen des Kindbettfiebers gegeben; die Exsudationen, die Metastasen können vorhanden sein und können auch fehlen, gewöhnlich sind bei vorhandenen Metastasen locale Ent­zündungen als Quellen der Metastasen nachzuweisen; wenn Metastasen vorhanden sind, ohne nachweisbare locale Entzündungen, als Quellen der Metastasen, so spricht das nicht gegen meine Ansicht; in eine Erklärung dieser Zufälligkeiten wollen wir uns in dieser Schrift nicht einlassen; diese Schrift ist bestimmt, die Entstehung, die Verhütung und den Begriff des Kindbettfiebers zu lehren. Nachdem wir den zersetzten Stoff, als alleinige Ursache des Kind­bettfiebers, gegen die Angriffe Carl Braun’s, wie wir glauben, sieg­reich vertheidigten, wollen wir zur Beurtheilung der 30 Ursachen des Kindbettfiebers übergehen, wie solche von Carl Braun aufgezählt werden; es wird sich zeigen, dass viele dieser Ursachen, welche von Carl Braun aufgezählt werden, gar keine Ursachen des Kindbettfiebers sind, und die Ursachen, welche von Carl Braun aufgezählt und welche wirklich Ursachen des Kindbettfiebers sind, sind es nur dadurch, dass durch selbe entweder ein zersetzter Stoff in den ergriffenen Individuen entsteht, oder dass in Folge dieser Ursachen den Individuen ein zer­setzter Stoff von aussen eingebracht wird, dass mithin die Braun’sche Aetiologie zum Theil Irrthum, zum Theil Wahrheit ist; dass die Braun’sche Aetiologie Irrthum ist, wo selbe etwas Anderes lehrt als ich; dass die Braun’sche Aetiologie zur Wahrheit wird, sobald selbe dasselbe lehrt, was ich lehre. Zu den aetiologischen Momenten des Kindbettfiebers, welche als solche von Carl Braun aufgezählt werden, aber keine aetiologischen Momente sind, gehört: 1. die Conception und die Schwangerschaft; 2. die Hyperinose; 3. die Hydraemie; 4. die IJraemie; 5. eine allge­meine Plethora der Schwangeren; 6. eine Disproportion in der t ege- tation der Mutter und des Foetus; 7. die durch die Schwangerschaft veranlassten Blutstauungen und Stasen; 8. ob die Inopexie des Blutes Veranlassung zu Puerperalprocessen werden könne, bleibt ferneren Beobachtungen zur Entscheidung Vorbehalten; 9. das Schwangerschafts­fieber ist keine Ursache des Puerperalfiebers, sondern ein in der Schwangerschaft verlaufendes wahres, genuines Puerperalfiebei; 11. die Ausgleichung der Hyperinose; 12. die Inopexie des Wochenbettes. Semmelweis’ gesammelte Werke. Die Aetiologie. der Begriff und die Prophylaxis des Kindbettfiebers.

Next

/
Oldalképek
Tartalom