Győry, Tiberius von dr.: Semmelweis' gesammelte Werke (Jena, 1905)

Semmelweis' Abhandlungen und Werk über das Kindbettfieber

heit in den verschiedensten Kreisen der Gesellschaft erblicken lässt, als dass darüber ein Zweifel bestehen könnte. Die statistischen Quellen sind aber über die lethalen Puerperal- processe bei Privaten schwerer zu erschliessen, weil die Todesfälle durch Puerperalprocesse aus verschiedenen Gründen unter andern Namen, wie: Nervenfieber, Typhus, Lungenlähmung u. s. w., in den durch Zeitungen veröffentlichten Sterbelisten von den Aerzten aus­gewiesen wrerden, und weil in manchen Ländern, wie auch in Oester­reich durch eine humane Gesetzgebung es verboten ist, die durch das Wochenbett und andere Frauenkrankheiten, wie Carcinom etc., er­folgten Sterbefälle mit den Namen ihrer Krankheiten öffentlich zu bezeichnen.“ Nachdem Carl Braun es früher so entschieden getadelt, dass ich mich auf die Vergangenheit stütze, und er selbst sich aber jetzt auf die Geschichte des Puerperalfiebers beruft, so bin ich in der grössten Verlegenheit, da ich nicht weiss, ob Carl Braun sich eines Wider­spruches schuldig machte, oder ob er vielleicht der Ueberzeugung ist, dass die Geschichte des Kindbettfiebers von der Zukunft des Puerperal­fiebers handelt. Doch wir wollen diesen Zweifel ungelöst lassen, da wir wichtigere Zweifel zu lösen haben. Ich bin mit Carl Braun voll­kommen einverstanden, dass Puerperalfieber-Epidemien über ver­schiedene Länder, Städte. Dörfer des flachen Landes und hoher Ge­birge ausgebreitet Vorkommen, dass man Puerperalfieber in den ver­schiedensten Kreisen der Gesellschaft erblickt, und wie denn nicht? Carl Braun bildet jährlich 150 bis 200 Geburtshelfer, und wie gründ­lich die Schüler C. Braun’s das Puerperalfieber zu verhüten verstehen, das beweisen die in sechs Jahren vorgekommenen 367 verhütbaren Infectionsfälle von aussen. Das beweisen die 717 verhütbaren In- fectionsfälle von aussen, welche während der vierjährigen Assistenz Gustav Braun’s, Carl Braun’s Schüler, vorgekommen sind. Dr. Spaeth bildete an der Hebammenschule jährlich 260 bis 300 Hebammen, und wie gründlich die Schülerinnen Dr. Spaeth’s das Puerperalfieber zu verhüten verstehen, das beweiset die 12°/0 Sterblichkeit im Monate März 1852. Dr. Spaeth theilt wohl seinem Freunde Chiari vertrau­lich mit, wie das Puerperalfieber entsteht; aber was man einem Freunde vertraulich mittheilt, das theilt man doch Schülerinnen nicht mit, So werden Infectoren gebildet für verschiedene Länder, Städte, Dörfer des flachen Landes, für hohe Gebirge, für die verschiedenen Kreise der Gesellschaft, Ueber die Puerperal-Epidemien, welche ausserhalb der Gebär­häuser Vorkommen, haben wir uns in dieser Schrift an betreffender Stelle ausgesprochen. (Siehe Seite 209, Zeile |9.) Auch das Argument, welches wir für unsere Ansicht aus der Verschiedenheit der Puerperalfieber-Epidemien in- und ausserhalb der Gebärhäuser genommen, hat Carl Braun nicht erschüttert. e) Die Jahreszeiten üben keinen Einfluss auf die Entstehung des Puerperalfiebers. Ad e) erwiedert Carl Braun Folgendes: „Die Jahreszeiten und die damit eintretenden Localverhältnisse üben nicht den wesent­lichsten, aber einen doch nicht unbedeutenden Einfluss auf die Puerperalprocesse aus. In Wien weiset der Wintersemester niemals so günstige Besultate wie der Sommersemester aus, und an anderen Semmelweis’ Abhandlungen und Werk des Kindbettfiebers.

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