Győry, Tiberius von dr.: Semmelweis' gesammelte Werke (Jena, 1905)

Semmelweis' Abhandlungen und Werk über das Kindbettfieber

390 Semmelweis’ Abhandlungen und Werk über das Kindbettfieber. „Mit dem Eintritte der besseren Jahreszeit (Anfangs Juni) haben sie ganz aufgehört. „Als die Klinik im Juli wieder von Studirenden besucht wurde, tauchten zwar nochmals einige rasch und tödtlich verlaufende Krank­heitsfälle auf. Doch haben auch sie wieder geendet, als die Klinik durch den Schluss des Semesters nicht mehr von Studirenden besucht worden ist. Ein Zusammenhang mit einer Infection durch die Studiren­den ist bei diesen wenigen Erkrankungen nicht anzunehmen. Sie erscheinen als sporadische Fälle, wie sie oft am Schlüsse von Epidemien sich finden.“ Diese Beobachtungen sprechen so laut für sich selbst, dass sie eines Commentars nicht benöthigen, ich setze voraus, dass die Schüler angehalten sind, vor jeder Untersuchung sich die Hände in Chlor­wasser zu waschen, obwohl es ausdrücklich nicht gesagt wird. Das Gebärhaus in München ist ein schlagender Beweis, dass es trotz der vortrefflichsten Einrichtungen für die Gebärhäuser in so lange kein vollständiges Heil geben wird, bis nicht das von mir von sämmtlichen Begierungen erbetene Gesetz, nämlich dass es jedem im Gebärhause Beschäftigten geradezu verboten wird, sich mit zer­setzten Stoffen zu beschäftigen, in seiner vollsten Strenge gehandhabt werden wird. Ist es gerechtfertiget, den guten Gesundheitszustand eines Ge­bärhauses von dem guten Willen der Schüler abhängig zu machen? kann nicht bei dem besten Willen Aller der Leichtsinn eines Einzigen grosses Unheil stiften? Carl Braun, mein Nachfolger in der Assistenz, und gegenwärtig Professor der Geburtshilfe an der I. Klinik zu Wien, an derselben Klinik, deren schlagende Daten mir das Unwahre der bisher gütigen Aetiologie des Kindbettfiebers erkeunen liessen, und an der ich die ewig wahre Aetiologie des Kindbettfiebers entdeckte, ist Gegner dieser von mir entdeckten ewig wahren Aetiologie des Kindbettfiebersx). Dieser Verhältnisse wegen dürfte der Leser geneigt sein, seinem Urtheile ein grösseres Gewicht beizulegen, als dem eines jeden Anderen meiner Gegner, es erwächst hieraus für mich die Verpflichtung, in der Wider­legung Carl Braun’s noch gründlicher zu Werke zu gehen, als wir das bei unsern früheren Gegnern gethan, aber Carl Braun macht uns die Arbeit leicht; Carl Braun sagt in dem Grade ungereimte Dinge Schlag auf Schlag, dass wir besorgen, uns dem Verdachte auszusetzen, als würden wir seine Opposition nicht getreu geben, wenn wir selbe nur dem Sinne nach geben würden, wie wir es zum grossen Theil bei den übrigen Gegnern gethan; um uns nun gegen diesen Verdacht zu schützen, bleibt uns nichts anders übrig, als seine Opposition Wort für Wort abdrucken zu lassen. Carl Braun’s Opposition gegen die von mir entdeckte ewig wahre Aetiologie des Kindbettfiebers entspringt nicht seiner Ueberzeugung, dass meine Aetiologie nicht wahr sei; seine Opposition ist begründet zum Theil in seiner Unwissenheit über die wichtigsten Lehrsätze meiner Aetiologie, zum Theil in seinem bösen Willen. x) Klinik der Geburtshilfe und Gynaekologie von Chiari, Braun, Spaeth. Er­langen, 1855. Lehrbuch der Geburtshilfe von Braun, Wien 1857.

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