Schürer, Fritz von Waldheim dr.: Ignaz Philipp Semmelweis (Wien-Leipzig, 1905)

1860-1863. Die "Ätiologie des Kindbettfiebers". Offene Briefe. Verhandlungen der St. Petersburger Gesellschaft der Ärtze

187 krankungen. Ergo war das Kindbettfieber durch ein Miasma außerhalb der Anstalt erzeugt . . . Ganz im Sinne dieses Gedankenganges machte hierzu die Redak­tion der „Österreichischen Zeitschrift für praktische Heilkunde”, welche Professor v. Patruban leitete, folgende Bemerkung: „Wir hielten es für zeitgemäß, über den Gang dieser Epidemie sogleich zu berichten, einerseits, um argen Gerüchten vorzubeugen, andererseits, um aus den von dem würdigen Vorstände der I. Klinik getroffenen, höchst lobens­werten \ orsichtsmaßregeln zu beweisen, welch argen Täuschungen sich Professor Semmelweis in Pest bezüglich der Unfehlbarkeit seiner Präservative hingegeben, und wie es durchaus nicht an der Zeit war, jene zwei berüchtigten Sendschreiben aus- zustreuen, deren Inhalt den Verfasser selbst gerichtet hatf Auf der Karlsbader Naturforscherversammlung im Jahre 1862 wiederholte Professor C. Braun diese Ansichten und Daten in seinem Vortrage „Über die Statistik der Puerperalkrankheiten im Wiener Gebärhause” und bemerkte, bei sorgfältigen Chlorwaschungen habe die Mortalität von 1849 bis 1853 doch 2 bis 4%, 1854 sogar 8*5% er­reicht, während sie in den folgenden 4 Jahren bei bloßen Seifen­waschungen auf 3’2 und T5% herabsank, trotzdem Professor Braun permanent Operationskurse an Leichen hielt. Die Waschung der Hände mit Seife sei vorteilhafter als die Chlorwaschung. Noch ärger als in Wien waren die Zustände in der Prager Gebär- und Findelanstalt.*) Sie erinnerten fast an die bösen Zeiten der vierziger Jahre, während welcher Scanzoni als Assistent über den Puerperal­prozeß so reiche Erfahrungen hatte sammeln können. Im Jahre 1860 waren 3%% Wöchnerinnen und 18%% Kinder, 1861 4% Wöchnerinnen und 221/2% Kinder gestorben. Und dabei hatte man die ins Allgemeine Krankenhaus transferierten und daselbst gestorbenen Wöchnerinnen, welche wenigstens zwei Dritteile bildeten, in diesen Ausweis nicht ein­bezogen ! Am ärgsten aber wütete das Puerperalfieber in dem völlig neuen Gebärhause zu Stockholm,**) woselbst im Jahre 1860 die Morbidität 40%, die Mortalität 16% erreichte! In den Medizinischen Jahrbüchern vom Jahre 1862 referierte Spaeth über Puerperalfieber-Epidemien und diesbezügliche Arbeiten. Tilbury Fox sei der Ansicht, „daß die Fälle von Puerperalfieber und Erysipel Glieder einer und derselben Kette darstellen”. Tyler Smith halte „es für besonders angezeigt, die ganze Aufmerksamkeit auf Ver­hütung des Leidens zu richten. Auch müsse man vor allem die Natur des Puerperalfiebers betreffs seiner Infektion und Kontagiosität zu erforschen suchen, und er empfiehlt, jede Gebärende soviel cds möglich mit antiseptischen Vorkehrungen zu umgeben” Eine Arbeit Dr. Lehmann’s über die Krankheit bringe nichts neues, sondern bestätige allerwärts den alten Satz: *) Prager Vierteljahrsschrift. 1863. **) Retzius, Monatsschrift für Geburtskunde. 1861. 17. 3.

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