Bókay, J. von dr.: Die Lehre von der Intubation
I. Teil. Die O'Dwyersche Intubation und deren Ausübung bei der diphterischen Larynx-Stenose
4 Die O’Dwyersche Intubation und deren Ausübung bei der diphtherischen Larynx-Stenose. hob, daß an der Kehlkopfschleimhaut lebender Tiere unter dem Drucke des Bouchutsehen Röhrchens binnen kurzer Zeit Geschwüre entstehen. „Wenn die Tube durch 24 Stunden in dem Kehlkopf gelegen ist, finden wir die Schleimhaut entzündet und geschwollen, manchmal oberflächlich exkoriiert — so lautet der Bericht —, nach 48 Stunden konstatieren wir namhafte Schwellung, sowie tiefe Exulceration, und zwar in manchen Fällen bereits so weit vor- geschritte ne Geschwüre, daß an deren Gr und der nackte Knorpel sichtbar wird. Nach 72 Stunden ist das Freiliegen des nackten Knorpels sozusagen ständig und wir finden in den benachbarten Geweben stets eine schwere Phlegmone, das heißt also, die Tube, welche von seiten des Kehlkopfes angeblich so gut ertragen wird, verursacht derart bedeutende Störungen, daß die Tiere, wenn man sie am Leben gelassen hätte, den schrecklichen Eventualitäten der Kehlkopf nekrose ausgesetzt worden wären.“ Die Diskussion war scharf und ungewohnt leidenschaftlich; Boaillaud bezeiclinete jene denkwürdige Diskussion der Akademie als „Tempéte scientifique“, wissenschaftliches Gewitter, und wir können aufrichtig gestehen, daß dieser Ausdruck die Leidenschaftlichkeit der Verhandlung trefflich charakterisiert. Trousseau, „der Taufpate der Tracheotomie“, wie ihn seine Landesgenossen nannten, sah durch den empfohlenen neuen Eingriff seine Lieblingsoperation, die Tracheotomie, gefährdet, welche bislang in der Wissenschaft kaum Wurzel fassen konnte, und griff das neue Verfahren aus offenkundiger Eifersucht auf die rücksichtsloseste Art und Weise an. Umsonst hörte man Londe, Barth, Velpeau, vergebens ergriff Malgaigne zu einer mächtigen Verteidigung das Wort, die Akademie beugte sich vor der Autorität Trousseaus und fällte ihr Urteil. Malgaigne war allerdings bemüht, das Ansehen der Akademie zu wahren, indem er sagte: „Ich gemahne Sie zur Vorsicht! Ich weise jeden anfechtbaren Beschluß zurück, zu dessen.Fassung uns kein Recht zusteht; dasVerfahren ist Ihnen praktisch nicht bekannt und so können Sie auch nicht behaupten, daß in der Tracheotomie jederzeit das einzige Verfahren gegeben sein wird, zu dem man sich wenden muß, wenn im Croupfalle sämtliche Heilungsquellen versiegten. Wenn Sie bloß von Annahmen ausgehen, so dürfen Sie die Tubage weder anerkennen, noch verwerfen.“ Und es klang wie eine Prophezeiung, als er damit abschloß: „Q uis ai t,siletubagenes er apasunjour pour le croup, ce que la lithotritie pour les pierres de la vessie“1). Durch das Urteil der Akademie war die Tubage somit begraben, und wie wegwerfend man sich auch noch gegen Mitte der sechziger Jahre über Bouchuts wegbahnende Experimente äußerte, möge aus dem nachstehenden Satze eines deutschen Autors {Pauli Fr. 1865) hervorgehen, der die wissenschaftliche Kritik des Bouchut sehenVerfahrens in einer den Croup behandelnden umfangreichen und vorzüglichen Arbeit folgendermaßen darstellt: >) „Wer weiß, ob die Tubage nicht eines Tages für den Croup das sein wird, was die Lithotripsie für die Blasensteine ist.“