Kalocsai Főegyházmegyei Körlevelek, 1944

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— 19 — und die Freiheit bringt es mit sich, dass wir nicht nur gutes tun können, sondern auch böses. Die Freiheit bringt es mit sich, dass der Mensch Gesundheit, Hab und Gut verschwenden kann. Die Freiheit bringt es mit sich, dass der Mensch in die Donau springen oder sich eine Kugel in den Kopí jagen kann. Die Freiheit bringt es mit sich, dass der Mensch sein Haus in Brand ste­cken kann. Die Freiheit bringt es mit sich, dass der Mensch, wenn er die nötige Macht dazu hat. die ganze Welt in Brand stecken und die Mensch­heit mit unermesslichen Leiden überschütten kann. Gott hat den Menschen als freies Wesen erschaffen und zu ihm gesagt: „Von allén Báu­men des Paradieses kannst du essen, nur von jenem Baume nicht, der in der Mitte des Para­dieses steht, denn an welchem Tage du von diesem Baume isst, wirst du sterben." Der Mensch hörte das Verbot, er nahm auch die Strafe zur Kenntnis : die ihn bedrohte und doc'n ass er von der Frucht des vcrbotenen Baumes. Gott hátte es verhindern können: er hátte die ausgestreckte Hand Evas láhmen können, aber er tat es nicht, denn dadurch hátte er dem Menschen genommen, was er ihm gegeben hatte: die Freiheit des Willens und damit auch die Möglichkeit des Verdiensterwerbes. Und Adam fragte nicht: „Herr, warum liessest du zu, dass wir sündigen und dadurch alle unsere Nachkom­men in unermessliches Elend stürzen," noch weniger fragte er: „Herr, wie kannst du dieses Elend schauen," denn er wusste, dass er alléin für alles verantwortlich sei. Vor ihm war das Leben und der Tod, er konnte wáhlen und wfíhlte den Tod. Gott hat den Menschen als freies Wesen erschaffen und am Berge Sinai zu ihm gesagt: „Ich bin der Herr! Du sollst ausser mir keinen Gott habén. Du sollst meinen Namen nicht eitel nennen. Du sollst den Tag des Herrn heili­gen. Du sollst Vater und Mutter ehren. Du sollst nicht töten, nicht Unkeuschheit treiben, nicht stehlen, nicht lügen, nicht verlangen deines Náchsten Eigentum. Wenn du diese Gebote be­folgst, wirst du lange leben und glücklich sein auf der Erde, die ich dir geben werde. Befolgst du sie aber nicht, wirst du die Rute meines Zor­nes fühlen und zum Knechte deiner Feinde wer­den". Israel hörte die Gebote, es nahm auch die Strafen zur Kenntnis, welche der Übertretung der zehn Gebote folgen werden und doch hat es sie übertreten. Noch lagerten sie am Fusse des Berges, von dem sie die Stimme des Herrn hör­ten, und schon machten sie sich ein goldenes Kalb und umtanzten es als ihren Gott. Gott hátte es verhindern können: mit einem Wink seiner Hand hátte er das goldene Kalb vernichten kön­nen, doch er tat es nicht, weil er den Menschen als freies Wesen erschaffen hatte. Und das Volk Israel fragte nicht: „Herr, warum liessest du zu, dass ich dir untreu werde," noch weniger fragte es: „Warum lásst du mich die Rute deines Zor­nes fühlen," denn es wusste, dass es freie Wahl hatte zwischen Belohnung und Strafe und es wShlte die Strafe. Die Geschichte der Menschheit ist eine fort­wáhrende Wiederholung dessen, was einst im Paradiese und beim Berge Sinai geschah. Vor ihr sind Leben und Tod, Segen und Fluch, Be­lohnung und Strafe, sie kann wáhlen. was ihr gefállt. Leider wáhlt sie oft den Tod, den Fluch, die Strafe und Gott muss zulassen, dass sie sich ins Verderben stürzt, weil er den Menschen als freies Wesen erschaffen hat. Was jetzt schon das fünfte Jahr in der Welt geschieht, das ist auch das Ergebnis einer sol­chen anglücklichen Wahl. Es ist nicht Gottes Werk, sondern das Werk des Menschen. Darum lassen wir uns nicht verwirren durch diese Geschehnisse, sondern glauben wir trotz aller Greuel unerschütterlich an die Liebe des Heilan­des. Diese Geschehnisse stören seine Pláne mit uns nicht im mindesten. Er ist gekommen, um uns zu erlösen und selig zu machen. Und darin hindern ihn die schweren Zeiten nicht. Und auch für uns ist es gleichgültig, ob Krieg ist oder Friede, ob Gewitterwolken am Himmel stehen oder die Sonne strahlt, ob wir reich sind oder arm, ob wir einen Blumenkranz tragen oder eine Dornenkrone. Selig werden können wir auch in bescheidenen Ver'náltnissen, selbst mit dem Bet­telstab in der Hand, ja sogar sicherer als mit einem Goldsack. „Wahrlich, ich sage euch, leich­ter geht ein Kamel durch ein Nadelöhr, als ein Reicher in das Reich Gottes" — sagt der Heiland. Selig werden kann man auch mit einem Kreuze auf den Schultern und einer Dornenkrone auf dem Haupte, ja ohne Kreuz und Opfer ist es un­möglich selig zu werden. „Wenn jemand mir ' nachfolgen will, so verleugne er sich selbst, nehme sein Kreuz auf sich und folge mir nach" I —• sagt ebenfalls der Heiland. Und selig werden kann man auch im Kanonendonner und Bom­benregen. .,Was soll uns scheiden von der Liebe Christi? — fragt der heil. Apostel Paulus — Trübsal oder Bedrángnis oder Verfolgung oder Hunger oder Blösse oder Gefahr oder Schwert? Weder Tod noch Leben . . . weder Gegenwárti­ges noch Zukünftiges, weder Máchte noch Ge­walten, weder Hohes noch Niederes noch sonst etwas Geschaffenes wird uns scheiden können von der Liebe Gottes, die da ist in Christus Jesus unserem Herrn." Ja, der Heiland liebt uns! Das ist die erste Wahrheit, welche uns die wunderbaren Ereig­nisse von Paray le Monial verkünden. Und die zweite: dass sich der Heiland nach unserer Liebe sehnt. Er sehnt sich nach unserer Liebe auch jetzt ebenso, als er noch auf Érden wan­delte und sagte: „Ich bin gekommen. um Feuer auf die Erde zu senden und was will ich anders. als dass es brenne?" Warum wohl? Macht ihn unsere Liebe rei­cher, glücklicher? Nein! Er ist auch ohne uns unendlich máchtig und unermesslich reich und im Besitze seiner Macht und seines Reichtums unendlich glücklich. Zu seiner Glückseligkeit kann unsere Liebe nichts hinzugeben, wie auch unsere Kálte und Gleichgültigkeit nichts von seiner Glückseligkeit nehmen kann. Wenn es auf Érden kein einziges Herz geben würde, welches

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