Inventare Teil 8. Inventar des Kriegsarchivs in Wien (1953)
I. Band - 3. Das Personal des Kriegsarchivs
28 B. Im Kriegsarchiv unter militärischer Leitung (1801—1920). 1. Offiziere als Archivare und die Vorbildung des wissenschaftlichen Personals. Das 1801 errichtete KA., von dem Eh. Carl militärwissenschaftliche Leistungen erwartete, die das hofkriegsrätliche Archiv nichi ganz zu erfüllen vermochte, erhielt eine andere personelle Einrichtung. Nach den Worten des Erzherzogs kam als Archivar (Vorstand) „nur einer der Ersten vom bisherigen General-Quartiermeisterstabe“, dem noch einige Offiziere dieses Korps beizugeben seien 30) — mithin nur fachlich hochgebildete Offiziere in Betracht. Die Wahl fiel auf den GM. v. Gomez, dem 8 Generalstabsoffiziere und 3 Registratursbeamte des HKR. beigegeben wurden; je ein Stabs- und Ober- Offizier übernahm die topographische und Registratursabteilung, zu der auch die drei Beamten traten. Diese Gruppe versah archivalischen Dienst, die übrigen vier Offiziere wurden mit der Verfassung von Feldzugsdarstellungen betraut. Eine verhältnismäßig so große Zahl von 8 Offizieren konnte das kleine Korps des Quartiermeisterstabes nicht leicht entbehren. Die Offiziere wurden bald aus dem Archiv ausgewechselt oder versetzt; der Krieg 1805 zog, vom Direktor angefangen, alle Feldtauglichen auf entsprechende Posten ab. Im KA. mußte man sich mit wenigen Pensionisten behelfen, worauf denn auch nach dem Kriege der Personalstand äußerst gering mit einem Direktor, 3 pensionierten Offizieren und 1 Registratursadjunkten bestimmt wurde. Nur für die Fortsetzung der Feldzugsbeschreibungen wurden 4 Generalstabsoffiziere zugeteilt. Zudem kam Eh. Carl mit weiteren Aufträgen: er ließ militärische Lehrbehelfe bearbeiten und eine Fachzeitschrift herausgeben; GM. v. Gomez hatte eine Terrainlehre zu verfassen. Für alle diese Veröffentlichungen, die noch mit Kartenbeilagen auszustatten waren, reichte das vorgesehene Personal nicht aus, sodaß es durch schriftstellerisch oder zeichnerisch begabte Kräfte bis auf 41 Offiziere31) vermehrt wurde, die in der Mehrzahl der Truppe entstammten. Um Karten und Pläne in eigener Regie erzeugen zu können, wurden ein Offizier und mehrere Leute im Kupferstich ausgebildet; als weitere Hilfskräfte, namentlich für das Kolorieren der Karten, dienten Zöglinge der Wiener Neustädter Akademie oder Kadetten und Unteroffiziere der Truppe. Dieses zahlreiche Personal war allerdings nicht archivalischen Arbeiten im eigentlichen Sinne gewidmet, im Gegenteil, seine Tätigkeit war für den inneren Ausbau des vor wenigen Jahren errichteten Archivs eher hinderlich, da aller Eifer den vom Generalissimus gewünschten Werken zugewendet wurde. Dieser Hochbetrieb wurde durch den Krieg von 1809 wieder jäh unterbrochen. Die Erfahrungen zweier abgelaufener Kriege hatten aber die Notwendigkeit dargetan, die Stellen des KA. derart zu besetzen, daß der Dienstbetrieb jederzeit gesichert bleibe. Um daher ein ständiges Personal zu schaffen, übertrug 1810 der GQuM. FML. Radetzky dem Direktor nur mehr die Leitung der inneren Archivarbeiten, wozu pensionierte Offiziere zu verwenden waren, während die Aufsicht über die wissenschaftlichen Arbeiten ein nur seinem Chef verantwortlicher Stabsoffizier des GQuMSt. auszuüben hatte. Auch zu diesen Arbeiten im KA. warein in Hinkunft nur felddienstuntaugliche Offiziere zu verwenden. Der praktisch-nüchternen Denkart und dem sparsamen Sinn 80) J. L a n g e r, a. a. O., S. 26. 31) Dazu ein sprachkundiger, pensionierter Professor der Wiener Neustädter Militärakademie.