Inventare Teil 8. Inventar des Kriegsarchivs in Wien (1953)
I. Band - 1. Die Entwicklung des archivalischen Besitzstandes
IB und nach Kriegsende abermals zurückgegeben. Feldakten der Deutschen Wehrmacht für die Geschichtsschreibung hatte das Wiener Archiv nicht anzunehmen, sie wurden von allen deutschen Dienststellen aus dem Felde direkt nach Potsdam eingeliefert. Bis 1945 sammelten sich aber auch in Wien etliche, allerdings unbedeutende Bestände, ohne Zusammenhang oder besonderen historischen Wert, von verschiedenen, zumeist aufgelösten Einheiten stammend. Um drohenden Verlusten durch Bombenschäden nach Möglichkeit vorzubeugen, setzten 1944 umfangreiche Verlagerungen ein. Die Dachspeicher und die nächsten zwei Stockwerke des Archivgebäudes wurden — mit Ausnahme der Kanzleien — geräumt, der bisherige Belag im ganzen Hause nach der Bedeutung der Aktenbestände umgruppiert. Um den Dienstbetrieb aufrecht zu erhalten, wurde das für die laufenden Amtsgeschäfte wichtige oder sonst wertvolle Material in die Keller und in das Tiefgeschoß verlegt, hingegen alte, historisch bedeutsame, ferner weniger gebrauchte oder unbearbeitete Archivalien in feuersichere Depots und massivgebaute Kellerräume außer Haus, teils in Wien, teils in die Provinz verlagert. Ein gütiges Geschick bewahrte jedoch das Archivgebäude vor Bombentreffern und Brand, über die Verlagerungen außerhalb des Hauses siehe S. 42. F. Die Zeit seit dem Jahre 1945. Nach der Befreiung Österreichs 1945 wurden die 1938—45 selbständig gewesenen Teile (Marine- und Luftfahrtarchiv, Bibliothek) noch im April 1945 wieder mit ihrer Stammanstalt vereinigt. Vor allem galt es nun, die durch die Kriegsereignisse gestörte Ordnung in den Beständen wieder herzustellen. Zunächst mußten die geräumten Stockwerke, aus deren Speichern wegen der Brandgefahr auch die hölzernen Stellagen abgetragen worden waren, wieder aufnahmefähig gemacht werden, worauf die im Hause verlagerten Akten ihre zugehörigen Räume bezogen. Die Rückführung des außerhalb Wiens verlagerten Archivgutes erfuhr — abgesehen von der nicht leicht zu lösenden Transportfrage — mancherlei Verzögerungen. Ende 1950 konnten die Rückführungen als im Wesen abgeschlossen gelten. Ein beträchtlicher Teil der verlagerten Aktenmengen kam unversehrt zurück, manche Bestände hatten jedoch erhebliche Schäden und bedauerliche Einbußen erlitten, so die Generalkommandos 1782—1920,das Militärgerichtsarchiv 1790 bis 1920, die Quartiermeisterabteilungen 1915—1918, das ÖBH., die Bibliothek des Archivs. Der eingetretene Verlust läßt sich mit 154 t beziffern. Eine wenn auch im Vergleiche zum Gesamtarchivbestand verhältnismäßig geringe Minderung trat in den Jahren 1945 bis 1950 dadurch ein, daß zunächst alle die Deutsche Wehrmacht betreffende Akten49) und alle seit 1933 in Deutschland und seit 1938 in Österreich erschienenen Druckwerke, in Summe 31,5 t, zur Ausscheidung gelangten. Sodann wurden an Belgien, Frankreich, Jugoslawien, Polen und Tschechoslowakei jene Archivalien zurückgegeben, welche zwischen 1938 und 1945 nach Wien gebracht worden waren. Dem gegenüber steht aber auch mancher Zuwachs. So kamen seit 1947 in das Haus aus der Zeit der österreichisch-ungarischen Monarchie 12 t Grundbuchblätter 1865/69, Assentprotokolle und Stellungslisten österreichischer Kronländer bis 1892, 3 t Akten von Sanitätsanstalten 1850/1900, 35 Heirats49) Dazu gehörten vor allem die vom damals selbständigen Luftfahrtarchiv gesammelten Feldakten der deutschen Luftflotte 4 und Beutematerial sowie Bestände des Reichsarbeitsdienstes, die im Luftfahrtarchiv gelagert waren.