Inventare Teil 8. Inventar des Kriegsarchivs in Wien (1953)
I. Band - 1. Die Entwicklung des archivalischen Besitzstandes
10 Archivgebäude Unterkunft und beschloß hier am 20. Dezember seine Tätigkeit 45). Politische Gedankengänge neben der Absicht, alle wichtigen, auf den Weltkrieg bezüglichen Dokumente zu sichern, führten dazu, daß anfangs 1919 auf Weisung des österr. StA. f. HW. vom KA. eine besondere „Abteilung für militärische Staatsakten“ in der Hofburg eingerichtet wurde46). Sie hatte alle militärischen Akten von Wichtigkeit, die sich auf die Vorbereitung, den Ausbruch und die Führung des Krieges bezogen, insbesondere die „Geheimakten“ zu sammeln und wissenschaftlich zu verarbeiten. Daher fanden Aufnahme: die Akten der Militärkanzlei des Kaisers, des AOK., der Generalstabsbüros und der Wiener Briefzensur. Der Schriften- und Neuen Kriegsaktenabteilung fiel wieder herrenlos gewordenes Schriftgut zu: die Akten des Militärkommandos Wien (Mitte des 18. Jhdt. bis 1900), der T h e r e s i a nischen Militärakademie, der Generalinspektoren der Sappeur- und Pioniertruppe und des Chefs des Ersatzwesens. Die Kartenabteilung nahm das historische Genie- und Planarchiv des Technischen Militärkomitees, die Bibliothek die Büchersammlungen der Technischen Militärakademie und aufgelöster Fachkurse in ihre Obhut. Den Vermehrungen des Archivbesitzes standen aber auch Abgaben gegenüber. Schon im Winter 1919 wurden im Zusammenhang mit einem gleichzeitigen Vorgang im Haus-, Hof- und Staatsarchiv serbische Beuteakten und Bücher an Jugoslawien zurückgegeben47). Sodann mußte einer Anforderung Italiens entsprochen werden, die politische und Prozeßakten aus der Zeit der Einigungskämpfe des Königreichs Mitte des 19. Jahrhunderts (69 Faszikel) betraf. Aus der belgischen Stadt Ni veiles waren Akten des altösterreichischen IR. 42, das im 18. Jahrhundert dort gelegen hatte, von den Deutschen nach Wien gesandt worden; diese wurden der belgischen Gesandtschaft übergeben. Die während des Krieges 1914—18 vereinbarte Ablieferung von Original- Honvéd-Akten war arg im Rückstand geblieben und reichte noch nicht über 1916 hinaus. Wenn der Hauptbestand in Ungarn lag, hatte es wenig Sinn, Bruchstücke davon in Wien zu haben, weshalb die Direktion sie nach Budapest abtrat und sich auf die seinerzeit mitgelieferten Abschriften beschränkte. Die Militärische Staatsaktenabteilung übersiedelte im Sommer 1920 aus der Hofburg in die Stiftgasse und wurde hier auf die zwei bestehenden Abteilungen aufgeteilt. Da mit 1. September auch das bisher selbständige Marine- (18.000 Faszikel) — und das Militärgerichts-Archiv (19.000 Faszikel) — die aber auswärts in der Marxergasse und Rossauerkaserne untergebracht waren — der Direktion unterstellt wurden, ergab sich folgende Neugliederung der Aktenbestände: Schriftenabteilung: I. Feldakten, II. HKR., III. Standeslisten, IV. KM., V. Militärkanzlei, Generalstab, Bildungsanstalten, VI. Marinearchiv. Neue Kriegsakten-Abteilung: I. AOK., II. Feldakten, III. Belohnungsakten, IV. Militärgerichtsarchiv. Ein Brand, der im Nordtrakt des Gebäudes am 30. November 1920 ausbrach, verursachte erhebliche Schäden bei den Feldakten der 7. Armee, sowie in den Beständen der Theresia nischen und Technischen Militärakademie. Den Aktenzustrom, der auch in den nächsten Jahren nicht aussetzte, zeigt die «) Vgl. II. Bd. S. 6. 46) StA. f. HW., Amtsleitung ZI. 3017/1918; Direktionsbefehl Nr. 2 vom 16. Jänner 1919. 47) Gesamtinventar des Wiener Haus-, Hof- und Staatsarchivs, Wien 1937, I/S. 200.