Otto Stolz: Inventare Teil 6. Geschichte und Bestände des staatlichen Archivs (jetzt Landesregierungs-Archives) zu Innsbruck (1938)
Erster Teil: Die Geschichte des Innsbrucker staatlichen Archivs im allgemeinen
Regierung und Kammer in Innsbruck einzuholen. Zuständig war diese vorderösterreichische Regierung aber nur für die Herrschaften im Elsaß, Sundgau, Breisgau und Schwarzwald, nicht aber für jene in Schwaben, diese unterstanden vielmehr unmittelbar der oberösterreichischen Regierung in Innsbruck bis 1752. Infolge der Abtretung des Elsaß an Frankreich 1648 wurde der Sitz der vorderösterreichischen Regierung von Ensisheim nach Freiburg i. B. verlegt. Das Archiv dieser Behörde ist aber in den Kriegen des 17. und 18. Jahrhunderts stark zerrissen worden.1 Im Jahre 1665 wurden trotz der dynastischen Vereinigung unter Kaiser Leopold I. die eigenen obersten Regierungsbehörden für die Öberösterreichischen Lande in Innsbruck belassen, nur daß sie ihre Weisungen nun vom Kaiser, seinem Geheimen Rat, der Hofkanzlei und Hofkammer in Wien erhielten. Die oberösterreichische Hofkanzlei wurde gewissermaßen geteilt, ein Teil kam nach Wien unter die direkte Leitung des allgemeinen österreichischen Hofkanzlers, sie hatte dort die Verbindung mit den erwähnten obersten Behörden des österreichischen Gesamtstaates herzustellen, der andere Teil mit dem oberösterreichischen Hofvizekanzler an der Spitze fungierte weiter in Innsbruck als Geschäftsstelle des Geheimen Rates. Im Jahre 1706 hat zwar Kaiser Josef I. die Unterstellung, eigentlich Inkorporierung der oberösterreichischen Hofkammer unter die allgemeine Hofkammer in Wien und die Zuweisung auch der politischen Angelegenheiten der oberösterreichischen Länder an die Hofkanzlei in Wien verfügt, allein die drei oberösterreichischen Regierungskollegien oder Wesen in Innsbruck blieben tatsächlich auch jetzt wie bisher bestehen und es wurde angeordnet, daß beim oberösterreichischen Geheimrat alle Angelegenheiten aus den Öberösterreichischen Ländern, bevor sie von der allgemeinen Hofkanzlei und Hofkammer entschieden wurden, durchzugehen hätten. Daher hat auch nach 1706 die Registratur jener oberösterreichischen Hofbehörden, die sogenannte Hofregistratur, auf die gesamten oberösterreichischen Lande Bezug, wenn auch die Entscheidungen nunmehr von Wien kamen.2 Im Jahre 1749 wurden im Zuge der allgemeinen Verwaltungsreform in Österreich die drei oberösterreichischen Regierungsbehörden in eine vereinigt, die oberösterreichische Repräsentation und Kammer. 1752 verfügte die Kaiserin, daß die vorderösterreichische Regierung und Kammer, jetzt Repräsentation zu Freiburg, künftighin ganz unabhängig von jener zu Innsbruck den Hofstellen in Wien unmittelbar untergeben 6 1. Teil. Die Geschichte des Innsbrucker staatlichen Archivs im allgemeinen. 1 Näheres hierüber bei Hirn, Erzh. Ferdinand II. Bd. 1 S. 461 ff. — Beemelmans, Die Organisation der vorderösterr. Behörden in Ensisheim im 16. Jh. in Zt. für Gesch. des Oberrheins N. F. Bd. 22 (1907) S. 52 ff. — Stolz, Archiv- und Registraturwesen der oberösterr. Regierung im 16. Jh. in Archival. Zt. 1933, Bd. 9 S. 82 f. — H. Baier, Das Archiv d. vorderösterr. Regierung, ebenda 1931, Bd. 7 S. 58 ff. 2 Vgl. Bidermann, Gesch. d. landesfürstl. Behörden in Tirol im Arch. Gesch. Tirol Bd. 3 S. 338—352; Egger, Gesch. Tirols 2 S. 518. Aus den Raitbüchern der o.-ö. Hofkammer (im hies. Archiv) ist auch der Bestand der beiden o.-ö. H o f kanzle i e n, jener zu Wien und jener zu Innsbruck ersichtlich, erstere hatte bei 10, letztere bei 20 Sekretäre und Kanzlisten.