Inventare Teil 5. Band 7. Gesamtinventar des Wiener Haus-, Hof- und Staatsarchivs (1938)

Österreichische Akten, von Lothar Groß

26 Österreichische Akten. bracht. In seinen einschlägigen Berichten wird auch des öfteren von Schriftenmaterial im allgemeinen gesprochen. Eine Gewißheit darüber, ob damals aber auch tatsächlich Akten aus diesen Prager Archiven nach Wien kamen, läßt sich nicht gewinnen. Wahrscheinlich ist es indessen nicht, da eine genaue Prüfung der böhmischen Betreffe in der Reichskanzleiausliefe­rung von 1773 (AB. 414) zeigt, daß damals eine große Menge von Schrift­stücken ausgeliefert wurden, die unmöglich aus dem Geschäftsgang der Reichshofkanzlei hervorgegangen sein können. Es sei hier nur auf die Aktenstücke verwiesen, die das Übergabsverzeichnis unter dem Titel „Zur böhmischen Hofkammer gehörige Sachen“ zusammenfaßt, ferner auf die zweifellos aus der Tätigkeit der böhmischen Hofkanzlei erwachsenen Akten von 1669 und den folgenden Jahren, und besonders auf die Tatsache, daß mehr als 200 Aktenstücke in tschechischer Sprache ausgeliefert wurden, die nur summarisch angegeben sind und natürlich niemals aus der Reichshofkanzlei stammen können. Wie diese Akten in die Filiale des Reichsarchivs gelangt sind, wissen wir nicht, sie waren aber zweifellos ein Fremdkörper. Manches Stück aus Prager Archiven, nicht nur aus dem Reichsarchiv, scheint auch von den Schweden 1648 fort­geschleppt worden zu sein und dann seinen Weg in das preußische Staats­archiv in Hannover genommen zu haben, um 1874 beim Archivalienaus­tausch mit Preußen hierher zu gelangen.1 So erklärt sich wohl am besten das Vorhandensein einer immerhin ganz beträchtlichen Anzahl von Akten böhmischer Behörden. Von den Einlieferungen, die dem StA. in seinen Anfängen zukamen, sind hier die 1750 aus der geheimen Direktorialregistratur ausgelieferten Akten, unter denen sich ein geschlossener Bestand von 1720 über die Pragmatische Sanktion befand, zu nennen. 1784 erhielt das StA. aus der Registratur der vereinigten Hofkanzlei einen Aktenbestand über den böhmischen Aufstand von 1618 und die folgenden Ereignisse bis 1635, über den ein genaues Verzeichnis (AB. 415) vorliegt. In den Vierzigerjahren des 19. Jahrhunderts hat Fiedler die Ab­teilung übernommen, 1846 treffen wir ihn schon mit ihrer Bearbeitung be­schäftigt, und noch 1878 war sie ihm unterstellt. Er hat ihr im wesentlichen die Form gegeben, wie sie uns in dem von Kratochvil, der seit 1900 diese Abteilung verwaltete, verfaßten Aufstellungsverzeichnis (AB. 36) entgegentritt: einer allgemeinen chronologisch geordneten Reihe gemischter Provenienz folgen die sachlich geordneten geschlossenen Bestände von Reichskanzleiakten und andere geschlossene Aktenpartien, an die ein dritter alphabetisch geordneter Teil gemischter Provenienz sich anschließt. Fiedler hat auch über den ganzen Bestand der Abteilung Böhmen, Mähren und Schlesien, ausgenommen die von Rosner repertorisierten Reichsakten aus der Zeit des Dreißigjährigen Krieges, einen Zettelkatalog (AB. 527) an­gelegt, der noch heute der beste Behelf für sie ist. Der Zuwachs der Abteilung seit zirka 1850 war kein geringer. Aus der Sammlung P e 11 e r (Bd. I. S. 56*) wurden 1869 zwei Faszikel aus dem 1 Vgl. jetzt auch H. Brulin, Erskeinska Sämlingen i Staatsarchiv i Hannover, in: Meddelanden fran svenska riksarkivet 1936, S. 86 ff.

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