Inventare Teil 5. Band 7. Gesamtinventar des Wiener Haus-, Hof- und Staatsarchivs (1938)
Österreichische Akten, von Lothar Groß
Österreich-Staat — Österreichischer Reichstag. 35 eine eigene Abteilung Wallensteiniana aufgestellt. Sie umfaßten 11 Faszikel. Der letzte Faszikel enthielt großenteils Abschriften von in verschiedenen anderen Archiven befindlichen Akten, darunter wohl auch die vom Archivar Kubitschek 1839 gesammelten. Diesem Faszikel wurden auch jene Akten beigelegt, die 1885 aus dem Archiv der Prager Statthalterei im Wege des Ministeriums des Innern in das StA. gelangten und größtenteils auch aus dem Geschäftsgänge der Wallensteinschen Feldkanzlei hervorgegangen waren. Schon früher waren eine größere Anzahl von Aktenstücken aus der Sammlung Petter, ihrer Provenienz nach zum Teile dem Archiv der oberösterreichischen Stände entstammend, bei den Wallensteiniana eingeteilt worden (Registratur des StA. Z. 231/1869). Als die Republik Österreich nach dem Ende der alten Monarchie im Mai 1920 genötigt war, mit der Tschechoslowakischen Republik ein Archivabkommen zu schließen, das in seinen Bestimmungen über die im Friedensvertrag von St. Germain übernommenen Verpflichtungen wesentlich hinausging, wurde im Annex I dieses Vertrages auch die Auslieferung der Wallensteiniana, soweit sie aus dem Geschäftsgang böhmisch-mährischer Behörden, physischer und juristischer Personen stammen, festgesetzt.1 Bei den folgenden Verhandlungen vertraten die tschechoslowakischen Archivdelegierten den Standpunkt, daß es sich bei den Wallensteiniana um den aktenmäßigen Niederschlag der Geschäftstätigkeit einer Privatkanzlei Wallensteins handle und diese Archivalien, da Wallenstein zweifellos eine böhmische physische Person war, auszuliefem seien. Wiewohl diese Argumentation durchaus unzutreffend ist, da es sich, wie bereits ausgeführt wurde, um die Registratur der Feldkanzlei Wallensteins handelt, die er als kaiserlicher General in des Kaisers Auftrag und Sold führte, mußte dem Auslieferungsbegehren doch im Hinblick auf die damalige politische und wirtschaftliche Lage stattgegeben werden, und so wurde die ganze Abteilung mit Ausnahme der aus der Petterschen Sammlung herrührenden Stücke, die vorläufig im Fasz. 112 a der Kriegsakten auf bewahrt werden, im Jahre 1921 ausgeliefert. Mit den Akten wurden auch sämtliche zugehörigen Fundbehelfe (AB. 369—373) abgegeben. Nur ein summarisches Aufstellungsverzeichnis, verfaßt von Rosenauer (AB. 38/12), verblieb dem Archiv. Österreichischer Reichstag. Unter Benützung von Vorarbeiten 0. Brunners von F. v. Reinöhl. Am 25. April 1848 wurde von Kaiser Ferdinand I. eine Verfassung erlassen, welche zum erstenmal die westlichen Länder der Monarchie, das sind also die zum Deutschen Bund gehörigen Provinzen, vermehrt um Dalmatien und Galizien, zu einer staatlichen Einheit zusammenfaßte; außerhalb dieser blieben Ungarn und Lombardo-Venetien. Die §§ 34—53 normierten einen Reichstag, welcher im Vereine mit dem Kaiser die gesetzgebende 1 Diese Verpflichtung, Bestände von Privatarchiven abzugeben, stellt ihrerseits ein weit über die Bestimmungen des Staatsvertrags von St. Germain hinausgehendes Zugeständnis dar, denn diese beschäftigen sich nur mit Beständen öffentlicher Archive.