Inventare Teil 5. Band 6. Gesamtinventar des Wiener Haus-, Hof- und Staatsarchivs (1938)
Die Urkundenabteilung von Paul Kletler
Die Innsbrucker Archive in ihrer Bedeutung für die Geschichte des StA. 71 Archivs ins StA.1 Die übrigen nach Wien gelangten Brixener Urkunden gelangten jedoch zunächst wieder nach Innsbruck zurück und wurden bei der Auslieferung des Jahres 1813, von der gleich die Rede sein wird, nach München abgegeben. Als die Innsbrucker Archivalien im Jahre 1837 zum Teil von München nach Wien kamen, gehörten die Brixener Urkunden zu den in München verbleibenden Stücken. Von den ganz wenigen Brixener Urkunden, die infolgedessen das StA. nur besaß, wurden vier (20. Jan. 909 König Ludwig, 6. Juli 916 König Konrad, 17. Mai 978 Kaiser Otto II. und 3. Mai 1256 Bischof Bruno von Brixen) im Jahre 1921 und zwei (11. Juni 1065 König Heinrich IV. und 17. Juni 1117 Heinrich V.) im Jahre 1928 an Italien (Staatsarchiv in Bozen) ausgeliefert. Diese auf Grund der Erklärung vom 26. Mai 19191 2 erfolgte Abgabe stellt ein über die Bestimmungen des Friedensvertrages von Saint-Germain hinausgehendes Zugeständnis dar, denn über die Abgabe derartiger historischer Bestände hätte nach Art. 195 erst ein Komitee von drei Juristen zu entscheiden gehabt. Die Archive von Brixen und Trient sind in der Anlage zu diesem Artikel nicht einmal angeführt.3 Zwei dieser Brixener Urkunden befinden sich heute noch im StA. (16. Jan. 1040 König Heinrich III. und 10. Juni 1255 Bischof Bruno von Brixen).4 Die nach Wien gebrachten Urkunden des bischöflichen Archivs von Trient wurden in Wien zurückbehalten; eine Rückforderung seitens der k. k. Statthalterei in Tirol und Vorarlberg im Jahre 1899 wurde auf Grund eines Gutachtens des StA. abgelehnt. Im Jahre 1919 mußten diese Trienter Urkunden — sie sind im Repertorium VII (AB. 382) eingetragen — als provenienzmäßig zum abgetretenen Gebiet gehörig, rund 800 an der Zahl, an Italien ausgeliefert werden, ebenfalls ein über den Friedensvertrag hinausgehendes Zugeständnis. 73 Urkunden des Repertoriums VII wurden jedoch als aus dem landesfürstlich-tirolischen Archive, aus den habsburgischen Registraturen in den Vorlanden, ja selbst aus dem Wiener Schatzgewölbe stammend erwiesen und nebst einigen Urkunden von Trienter Provenienz bei den Verhandlungen für das StA. gerettet.5 Endlich kam im Jahre 1806, um auch einen Altinnsbrucker Bestand zu nennen, eine beträchtliche Anzahl Görzer Urkunden — größtenteils aus dem Archiv der Tiroler Linie — ins StA. (siehe S. 26 f.), die in das Repertorium II (AB. 378/1—3) eingetragen wurden. Die nach dem von Rosenthal gebrachten Urkundenbestand größte Zahl von Innsbrucker Urkunden aber kam — nach einer vergeblichen Anforderung im Jahre 1820 — im Jahre 1837 von München nach Wien. Es sind 762 Urkunden, verzeichnet im Repertorium VI (AB. 381), der größere Teil 1 Siehe M. Mayr, Das k. k. Statthalterei-Archiv zu Innsbruck (Mitteilungen der dritten Section der k. k. Central-Commission zur Erforschung und Erhaltung der Kunst- und historischen Denkmale, 2. Bd.), S. 170f. 2 Gedruckt in Bericht der deutschösterreichischen Friedensdelegation II, S. 218; Bittner, Die zwischenstaatlichen Verhandlungen, a. a. O. S. 67. 3 Bittner, ebenda, S. 72. 4 Siehe Leo Santifaller, Die Urkunden der Brixner Hochstiftsarchive, Einleitung XXI. 5 Vgl. die Ausführungen über das Trienter Archiv.