Inventare Teil 5. Band 6. Gesamtinventar des Wiener Haus-, Hof- und Staatsarchivs (1938)
Die Klosterarchive von Walther Latzke
572 Die Klosterarchive. Ordens und unterstellte es in geistlichen Dingen den Bischöfen von Passau, in weltlichen den österreichischen Landesfürsten.1 Erst 1450 nahm das Kloster die Regel der Augustiner-Chorfrauen an und blieb dabei bis zu seiner Aufhebung (1783).1 2 Das wichtigste Ereignis in der Geschichte von St. Laurenz bildete die 1533 erfolgte Einverleibung des Klosters St. Maria Magdalena. Dieses Frauenkloster lag etwa in der Gegend des heutigen Alumnats zwischen dem ehemaligen Strudelhof und der Neuburger (heute Liechtenstein-) Straße. Die Zeit seiner Gründung ist unbekannt; die erste urkundliche Erwähnung fällt in das Jahr 1231. Ursprünglich der Regel der Zister- zienserinnen angehörig, traten die Nonnen bald nach 1234 zur Regel der Augustiner-Chorfrauen über und wurden der Oberaufsicht des Propstes von Klosterneuburg unterstellt. Bei der Türkenbelagerung (1529) mußten die Nonnen in die Stadt fliehen; Kirche und Kloster wurden geplündert und verbrannt. Als der Konvent nach dem Abzüge der Türken daranging, die Gebäude wiederherzustellen, verbot König Ferdinand I. mit Mandat vom 16. März 1530 den Neubau, ließ die Ruinen niederreißen und ordnete die Übersiedlung der Nonnen in das nahezu ausgestorbene Augustiner- Eremitenkloster zu Korneuburg an. Indes kam diese letztere Verfügung nicht zur Durchführung und der König wies auf Antrag der niederösterreichischen Regierung den Nonnen zusammen mit den gleichfalls obdachlos gewordenen Zisterzienserinnen von St. Nikolaus vor dem Stubentor am 18. Sept. 1531 das Kloster St. Nikolaus in der Singerstraße zur Wohnung an. Als aber dieses Kloster abbrannte, beantragte der Rat von Wien am 28. Mai 1533 die Übersetzung des Konvents von St. Maria Magdalena nach St. Laurenz oder St. Jakob. Bischof Faber und die Regierung entschieden für das erstere, und nach längeren Verhandlungen stimmten beide Konvente der Vereinigung zu; die Güter von St. Maria Magdalena wurden dem Kloster St. Laurenz einverleibt.3 Am 18. Sept. 1783 wurde das Kloster St. Laurenz von Kaiser Joseph II. aufgehoben; sechs Tage später wurde das Aufhebungsdekret vollzogen.4 Von den Archiven der beiden Klöster sind heute leider nur mehr Bruchstücke erhalten. Allein auch aus diesen Bruchstücken läßt sich unter Zuhilfenahme der auf uns gekommenen Kloster- und Archivinventare eine kurze Geschichte der Bestände darstellen. Das Archiv des Klosters St. Laurenz (bis zum Anfang des 16. Jahrhunderts nahezu ausschließlich Urkunden) hat vor der Vereinigung der beiden Klöster eine durchgehende Ordnung nicht erfahren. Wohl aber wurden einzelne inhaltlich zusammengehörige Urkundengruppen, voneinander unabhängig, zu gewissen Zeiten mit Rückvermerken, jeweils von derselben Hand, versehen und wohl auch beisammen aufbewahrt. Wir 1 Ebendort, S. 10, 11. — Urkunden 1411 Aug. 1, 1413 Dez. 18 und 1424 Juni 20; StA., Rep. ad IV (AB. 379/2). 2 Wiedemann, S. 12. — Urkunde 1451 März 1; StA., Rep ad IV (AB. 379/2). 3 Wiedemann, S. 20—52. — Kopailik, Regesten zur Geschichte der Erzdiözese Wien, I. S. 113, 156. — Quellen zur Geschichte der Stadt Wien 1/1, No. 1045. 4 Wiedemann, S. 88.