Inventare Teil 5. Band 6. Gesamtinventar des Wiener Haus-, Hof- und Staatsarchivs (1938)

Die Klosterarchive von Walther Latzke

494 Die Klosterarchive. Grafen von Piaién zugunsten des Stiftes (1249 Nov. 25) und die erwähnte Bannbulle von 1250. — Nach einer längeren Unterbrechung, während der das Kopialbuch vielleicht zu Anfang der Sechzigerjahre des 13. Jahrhun­derts dem Passauer Bischof Otto von Lonsdorf zur Anlage seines Codex Monasticorum entlehnt war, wurde es 1267 fortgesetzt und noch um sechs Eintragungen vermehrt. t Unterdessen ist in den Jahren 1264—1267 im Stifte St. Pölten ein Nachtrag zum Kopialbuch entstanden, ein Pergamentheft (A/S), bestehend aus 8 Blättern mit 22 von fünf oder sechs verschiedenen Händen gemachten Eintragungen, von denen 19 den Jahren 1260—1266 angehören.1 Für den engen Zusammenhang dieses Abschriftenheftes mit dem Archiv spricht der am Fuße der ersten Seite verzeichnete Satz „omnium istorum instrumen­torum originalia sunt in sacrario“. Erst ein Jahrhundert später läßt sich die Fortsetzung einer archivari­schen Behandlung des St. Pöltener Urkundenbestandes an der Entstehung eines neuen Kopialbuches (Ay) erkennen.1 2 Es ist in den Jahren 1362—1368 unter dem Propst Ulrich dem Feiertager verfaßt worden und enthielt ur­sprünglich 64 Urkundenabschriften. Den Anlaß zur Entstehung dieses neuen Kopialbuches boten ohne Zweifel die Vorbereitungen zu dem wich­tigen Tauschabkommen zwischen dem St. Pöltener Chorherrenstift und dem Bistum Passau. Unter dem Nachfolger Propst Ulrichs, Johann L, wurde das Kopialbuch noch um zwei Eintragungen aus dem Jahre 1372 vermehrt; bereits um 1370 war es mit einem Index versehen worden, der die ein­getragenen Urkunden in Regestenform aufzählt. Die Eintragungen dieses Kopialbuches zeigen erstmalig eine sachliche Gliederung in drei Haupt­gruppen. Der erste Teil enthält vornehmlich landesfürstliche Urkunden, darunter sieben Urkunden Herzog Rudolfs IV.; der zweite Urkunden geist­licher Aussteller, in erster Linie der Bischöfe von Passau; der dritte endlich Privaturkunden über verschiedene Besitzungen des Stiftes, doch ist der Einteilungsgrundsatz gerade hier vielfach durchbrochen. — Die beiden Kopiare des 13. Jahrhunderts (Aa, A ß) und das von 1362—1369 (A y) sind in späterer Zeit zu einem Bande vereinigt worden. Der Bestand der St. Pöltener Originalurkunden weist zu den genann­ten Kopialbüchern keinerlei sichtbare Beziehungen auf; es läßt sich daher nicht sagen, ob der Abfassung der Kopiare auch jeweils eine Neuordnung des Urkundenbestandes entsprach. Derartige Beziehungen zeigt uns erst das nächste Kopialbuch (B), das (nach Lampel) in den Jahren 1368—1372 entstanden ist.3 In seiner ursprünglichen Fassung enthält es 169 Eintragun­gen von Urkunden meist aus den Sechzigerjähren des 14. Jahrhunderts. Im Gegensätze zu den älteren Kopialbüchern, die sich mit einer sehr groben, vielfach gestörten Dreiteilung des urkundlichen Bestandes in lan­desfürstliche, geistliche und Privaturkunden begnügt hatten, finden wir im Kopiar B, das überwiegend Urkunden besitzrechtlichen Inhaltes birgt, 1 StA., Hs. Böhm 1077. — Vgl. Lampel, I, Einleitung S. LXVIII ff. 5 StA., Hs. Böhm 1077. — Vgl. Lampel, I, Einleitung S. LXXIV ff. 3 StA., Hs. Böhm 173. — Vgl. Lampel, II, Einleitung S. VII-XLIV.

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