Inventare Teil 5. Band 4. Gesamtinventar des Wiener Haus-, Hof- und Staatsarchivs (1936)

Einleitung

98* Einleitung. Die ersten Archivare waren dadurch im Rang, nicht aber im Gehalt mit den Räten der Staatskanzlei gleichgestellt.1 Auf den ersten Archivaren (Roschmann, Gassier, später Knechtl) lag in den Zeiten der Direktionsführung durch die Referenten der Staatskanzlei oder durch nicht fachlich gebildete Direktoren (Radermacher) die ganze Last der Anstaltsgeschäfte. Ihnen sind die wertvollen Ordnungsarbeiten zu danken, die 1780—1846 geleistet wurden. In entsagungsvoller Arbeit, wenig anerkannt und verhältnismäßig gering entlohnt, haben sie den wis­senschaftlichen Standard des Archivs erhalten und ausgebaut. Ein gleiches Schicksal traf in den Vierzigerjahren des 19. Jahrhunderts J. Chmel, der trotz seiner unleugbaren Schwächen doch berufen ge­wesen wäre, die Anstalt in den damals einsetzenden Aufschwung der deut­schen Geschichtswissenschaft einzuschalten. Zweimal wurde er durch Günstlinge Metternichs und des Hofes übergangen und so seine Tatfreude geknickt. Als eine schwache Entschädigung für die ihm durch die Er­nennung Hügels zum Direktor zugefügte unverdiente Zurücksetzung und wohl auch, um die Fortführung der Anstaltsgeschäfte unter einem mit dem Archiv gänzlich unvertrauten Direktor zu sichern, wurde für Chmel 1846 der Posten eines Vizedirektors geschaffen. Chmel wurde zugleich zum wirk­lichen k. k. Regierungsrat mit einem Gehalt von 3000 fl. in der höchsten Besoldungsstufe der sechsten Diätenklasse 1 2 ernannt. Damit wurde der be­stehende Abstand zwischen dem Direktor (fünfte Diätenklasse) und dem ersten Archivar (siebente Diätenklasse) verringert. Nach dem im November 1858 erfolgten Tode Chmels wurde die Vizedirektorsstelle zunächst nicht besetzt. Die Vertretung des Direktors oblag wieder dem ersten Archivar. Erst am 10. November 1860 wurde der Vizedirektorsposten wieder besetzt, neuerdings in die sechste Diätenklasse eingereiht und unter Übergehung der ältesten Archivare dem Hofsekretär im Min. d. Äuß. A. von Arneth ver­liehen. Nach der Ernennung Arneths zum Direktor am 31. Mai 1868 wurde der Vizedirektorsposten wieder aufgelassen. Der verdienstvolle erste Archi­var Meiller erhielt den der sechsten Diätenklasse zukommenden Titel eines Regierungsrates, blieb aber in den Bezügen der siebenten Diätenklasse. Erst sein Nachfolger als erster Archivar, Wocher, erhielt 1872 die Stelle eines Sektionsrates in der sechsten Diätenklasse. Dies war von grundsätz­licher Bedeutung, da damit neben dem Direktor auch der nächsthöhere Beamte den höheren Beamten des Min. d. Äuß. in Titel und Rang gleich­gestellt wurde und gleichzeitig eine Rangerhöhung um eine Diätenklasse erfuhr. Wochers Nachfolger Fiedler rückte ebenfalls zum Sektionsrat auf und wurde 1880, als Arneth erklärte, die steigende Geschäftslast mache die Vertretung des Direktors durch einen Beamten nötig, der „in gewissem Sinne der Vorgesetzte und nicht der College der übrigen Archivbeamten ist“, zum Vizedirektor ernannt. Fiedler erhielt sogar bei seinem Übertritt in den Ruhestand die fünfte Rangsklasse3 und Titel, Charakter und Pen­1 Vgl. auch J. K. Mayr a. a. O. 115. 2 Oben S. 95* Anm. 7. 3 Vgl. oben S. 96* Anm. 1.

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