Inventare Teil 5. Band 4. Gesamtinventar des Wiener Haus-, Hof- und Staatsarchivs (1936)

Reichsarchive von Lothar Gross

Eeichshofrat und Reichshofkanzlei. 279 habe und die Rechtsnachfolge zweifelhaft sei, man mußte sich aber schließ­lich fügen.1 Unter der Leitung des Legationssekretärs Franz Freiherrn von Ottenfels-Gschwind wurden in den Sommer- und Herbstmonaten des Jahres 1815 die Reichsarchivalien in Paris von dem bereits erwähnten Registranten der reichshofrätlichen Aktenkommission Franz Winterheld verpackt und zur Überführung nach Wien durch das Militärfuhrwesen bereitgestellt. Am 23. Okt. 1815 meldete Ottenfels, daß nunmehr die Über­nahme der Archivalien vollendet sei und die Transporte von Paris abge­gangen seien.1 2 Die Archive langten über Ulm im Laufe des Dezembers 1815 und in den ersten Januartagen des Jahres 1816 in Wien an. Es waren im ganzen 1158 Kisten, welche die Reichsarchive einschließlich der aus dem StA. entführten politischen Akten enthielten. Ein beträchtlicher Teil von Reichsarchivalien war jedoch schon früher, vermischt mit den Akten der Staatskanzlei, mit dem Transport vom 28. Okt. 1814 aus Paris abgesandt worden und schon im Frühjahr 1815 in Wien ein­getroffen. Sie gelangten direkt in das StA. zurück. Welche Bestände in diesem Teil enthalten waren, werden wir noch näher zu untersuchen haben. Zunächst wurden nun die zuletzt eingelangten Reichsarchivalien nicht wieder zwischen StA. und Aktenkommission bestimmungsgemäß aufgeteilt, sondern — mit Ausnahme der an die Staatskanzlei gelangten — zu ihrer Gänze der Aktenkommission übergeben, denn ihre Aufbewahrung stieß auf die größten Schwierigkeiten und die moles indigesta der Aktenmassen bildete zunächst für alle Beteiligten eine arge Verlegenheit. Die alten Räume der Aktenkommission in der Hofburg waren längst anderen Zwecken zugeführt worden, zumeist an Hofbedienstete als Wohnungen ver­geben, und das StA. hatte infolge anderer Zuwächse keinen Raum mehr für das Reichsarchiv übrig. So mußten die Reichsarchive zunächst in den Kellern unter der Hofbibliothek untergebracht werden, die schon wegen der Feuchtigkeit der denkbar ungeeignetste Aufbewahrungsort waren.3 An ein Auspacken und Aufstellen der Akten war natürlich hier nicht zu denken. Im September 1816 wurde dann die Überführung der Akten in die ebenerdigen Magazine des neuen Laurenzergebäudes, das an der Stelle des unter Josef II. aufgehobenen Frauenklosters zu St. Laurenz errichtet worden war (jetzt am Fleischmarkt Nr. 19), durchgeführt, wobei beabsich­tigt war, sie später im II. Stock dieses Gebäudes aufzustellen. Mit den Arbeiten konnte aber erst im Januar des folgenden Jahres begonnen werden, da die zur Manipulation erforderlichen Zimmer im II. Stock vor­her nicht bezogen werden konnten. Die Registratura publicorum, die 141 Kisten füllte, blieb vorläufig unausgepackt, da die Staatskanzlei im Mai 1817 ihre Übernahme wegen Raummangels auf einen späteren Zeit­punkt verschieben mußte. Die in der Verwaltung der reichshofrätlichen Aktenkommission verbleibenden Archive, im wesentlichen die Archive des Reichshofrates, also Lehens- und Gratialregistratur sowie die Judizial­1 Vgl. Schiitter a. a. 0. 118 f. ä Reichshofrätl. Hofkommission Fasz. 40. 3 Vgl. für die Raumfragen die Akten in Reichshofrätl. Hofkommission Fasz. 40, Jg. 1816 und Fasz. 41, Jg. 1817.

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