Inventare Teil 5. Band 4. Gesamtinventar des Wiener Haus-, Hof- und Staatsarchivs (1936)
Biographien der Archivbeamten seit 1749 von Franz Hüter
Freysleben—Gassier. 39 März 1797 flüchtete GL auf eigene Faust mit Archivalien und Ambraser Kostbarkeiten vor den ins Land dringenden Franzosen auf dem Inn nach Braunau und Linz, wurde aber schon im April wieder zurückberufen. Anfangs September 1800 erhielt G. den Auftrag zu einer neuerlichen Flüch- tung des Archivs, erst nach Schloß Niederwallsee (Niederösterreich) und dann vor dem weiteren Vordringen der Franzosen nach Klosterneuburg (Anfang Dezember), schließlich gar nach Hainburg a. d. Donau (Ende Dezember). Erst im April 1801 kehrte er mit den ihm anvertrauten Schätzen wieder heim. Nicht zuletzt sein pflichttreues und umsichtiges Verhalten bei diesen schwierigen Geschäften erklärt es, daß er über Empfehlung der österr. Hofkanzlei im Herbst 1801 als zweiter Archivar an das Wiener geh. Hausarchiv berufen wurde. Aber auch hier sollte ihm nicht lange ein seßhaftes Leben vergönnt sein. Im Oktober 1803 wurde G. nach Venedig geschickt, um festzustellen, was die Franzosen 1797 aus dem dortigen staatlichen Archiv verschleppt hatten, und um dieses Archiv — nach Ausscheidung der für die innere und äußere Politik Österreichs wertvollen Bestände, die nach Wien zu bringen waren — neu zu ordnen und zu repertorisieren. Das Repertorium über die venezian. Urkunden samt Index liegt in den AB. 458/1 und 3 vor. G. hatte ferner die 1800 aus Mailand nach Venedig gebrachten Akten der Mailänder Regierung von 1796 bis 1799 zu sichten, zum Teil nach Wien zu bringen, zum Teil zu vernichten. Aus dieser Tätigkeit erwuchsen außerdem von der StK. sehr beifällig aufgenommene Darstellungen der venezian. Konkordatspolitik (ius ad sacros, in Venedig Varia Fasz. 20) und über die Ansprüche Venedigs auf Cypern (Hs. Böhm n. 571). Nebenher ging die Beihilfe in Angelegenheiten der tirol.-italien. Grenzregulierung und die Auslieferung der von der italien. Republik aus dem Venediger staatl. Archive angeforderten Archivalien. Mitte Mai 1805 verließ G., nachdem er die ersten Aktensendungen nach Wien noch selbst abgefertigt hatte, Venedig, bereiste die Hauptorte der Capitanate der Terra ferma, um auf Grund der schon früher eingeforderten Berichte nach für die StK. wichtigen Urkunden und Aktenstücken (insbesondere Statuten) zu suchen; Ende des Monats traf er in Trient ein. Hier wie in Brixen waren die Archive der säkularisierten Hochstifter und Domkapitel ebenfalls auf ihren staatsrechtlichen Wert zu untersuchen und — nach Ausscheidung der für die Rentämter notwendigen Verwaltungsakten — nach Innsbruck zu verfrachten. Die Arbeiten in Trient führte G. mit Unterstützung des Archivars Ducati selbst durch; in Brixen hatte sie im Aufträge des Landesgouverneurs Grafen Brandis der Innsbrucker Archivar Primisser bereits im Winter 1803/04 vorweggenommen, so daß G., als er im Juni 1805 dort vorbeikam, nur mehr einige ältere Urbare (darunter das Calendarium Wintheri) übernehmen und dem Nachlasse des Brixner Bistumhistorikers Resch nachgehen konnte. In Innsbruck sichtete dann G. nicht nur die aus Brixen und Trient einge- zogenen Archivalien nach den ältesten und wichtigsten, für die Versendung nach Wien in Betracht kommenden Stücken, sondern durchforschte auch das alte tirol. Archiv nach den wichtigsten Haus- und Staatsurkunden und Akten der tirol. Linie, insbesondere soweit sie Österreichs Rechte in Vor-