J. K. Mayr: Inventare Teil 5. Band 2. Geschichte der österreichischen Staatskanzlei im Zeitalter des Fürsten Metternich (1935)

III. Die Organisation der Staatskanzlei - 5. Die Hilfsämter

stehenden Ziffernschlüssel und alle Veränderungen, die mit ihnen vor­gingen, fest. Die Sprachkenntnisse, über die die Beamten des Ziffern- kabinettes in ungewöhnlichem Maße verfügten, brachten es mit sich, daß das Ziffernkabinett zugleich Translationsbüro war, in dem schwierigere Übersetzungen durchgeführt wurden. Der Zifferndienst galt als undankbar und gefährdete nach allgemeiner Ansicht Augen und Nerven der Beamten in besonderem Maße 48°). Die Ziffernschlüssel, nach denen das Ziffernkabinett arbeitete und die es wie ein Heiligtum behütete, wurden von der Geheimen Ziffernkanzlei entworfen, die sich außerdem mit dem Entziffern fremder Ziffernschlüssel zu befassen hatte und der Staatskanzlei auf diesem Wege wertvollstes Nachrichtenmaterial zuführte. 1816 hat Baron Krufft, damals Vorstand des Ziffernkabinettes, eine neue Geschäftsordnung verfaßt, die von Wenzel Löschner, einem der tüchtigsten Beamten der Geheimen Ziffernkanzlei, überprüft wurde. Löschners Zusätze und Abänderungsvorschläge, die er­halten geblieben sind, befassen sich lediglich mit der Technik des Chiffrierens und Dechiffrierens. Organisationsfragen berühren sie nicht. Zweifel herrschten damals noch über den Ort und die Lehrkräfte der Chiffrier- und Dechiffrierkurse. Sie waren bisher in der Staatskanzlei von den älteren Beamten des Ziffernkabinettes abgehalten worden. Löschner aber wollte sie der Geheimen Ziffernkanzlei überantwortet sehen und ihnen ein abgesondertes Zimmer der Stallburg widmen. Kein Anstellungsdekret — so schlug er vor — durfte in Hinkunft des Zeugnisses des Ziffern­kanzleidirektors entbehren481). Bei der Ausgabe der entzifferten Texte ließ man nun erhöhte Sorgfalt walten. Früher waren die Entzifferungen einfach über die Ziffernzeilen gesetzt worden, so daß das Geheimnis des Ziffernschlüssels von Unbefugten entdeckt werden konnte. Nun aber wurden lediglich die Entzifferungen ausgegeben, die Originalziffernberichte aber vernichtet, so daß Mißbräuche nicht mehr möglich waren 482). So ist es auch in Hinkunft gehalten worden. Als Metternich die Leitung der Staatskanzlei übernahm, stand der Staatskanzleirat Hoppé, ein Künstler in seinem Fache, der chemisch ge­schriebene Briefe lesbar zu machen verstand, ohne sie zu beschädigen, an der Spitze des Ziffernkabinettes. Nicht mit Unrecht ist ihm der preußi­sche Minister Humboldt mit Mißtrauen begegnet48S). Außer Hoppé waren auch die Hofsekretäre Baron Krufft und Andreas von Tassara und die Hofkonzipisten Duchateau und Johann von Schweiger im Zifferndienste tätig. Nach dem Tode Tassaras, der im November 1811 mit vierund­sechzig Dienstjahren starb, blieben, da sich Hoppé auf die Kanzleidirektion der auswärtigen Abteilung zurückzog, Baron Krufft und Schweiger im Zifferndienste der Staatskanzlei übrig. Krufft entleibte sich im April 1818, so daß nun das Ziffernkabinett der Staatskanzlei nur noch auf zwei Augen stand. Johann Schweiger, nun Chiffreur en chef, war 1785 bei 48°) 09 XI 13 Organisierung Interiora 1; 39 IX 6 Gesuch Schweigers F 4 Perso­nalia 228; 46 IV 23 Geschäftsordnung Interiora 3. 481) 16 VII 13 Löschner an Hudelist Interiora ad 27; 16 IX 20 Gutachten Kruffts 1. c. 482) 10 XI 29 Weisung für die Registratur Interiora 1. 483) A. Fournier, Gentz u. Cobenzl 108; W. und K. v. Humboldt in ihren Briefen 4, 127 f. 84

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