J. K. Mayr: Inventare Teil 5. Band 2. Geschichte der österreichischen Staatskanzlei im Zeitalter des Fürsten Metternich (1935)
III. Die Organisation der Staatskanzlei - 2. Die inländische Abteilung
Hudelist ausgesprochen, dem er seine Verdrängung aus dem deutschen Referate der Staatskanzlei und den Hauptwiderstand gegen seine Rehabilitierung zuschrieb 130). Auch Gentz hat sich abfällig über den Dienst an Hudelists Seite und über dessen jämmerliche Schriftstellerei geäußert, seinem Charakter aber hohe Achtung entgegengebracht131). Der Rettung großer Teile der Staatskanzleiregistraturen und des Haus-, Hof- und Staatsarchivs vor den anrückenden Franzosen und der glücklichen Einbringung aller englischen Subsidienzahlungen hat sich Hudelist mit besonderer Genugtuung erinnert. Daß er drei Sektionen mehrere Jahre lang leitete, hat ihm wohl nicht die erhofften Diäten, doch aber im August 1813 die Beförderung zum Staats- und Konferenzrat mit der Dienstleistung bei der Staatskanzlei eingetragen132). Seit Kaiser Franzens dritter Vermählung war Hudelist als Notar des Kaiserhauses tätig. Er Unterzeichnete für dieses den mit Metternich über den Johannisberger Weinzehent abgeschlossenen Vertrag, begleitete die Erzherzogin Leopoldine 1817 zur Einschiffung nach Livorno, vertrat 1822 Maria Louisens französische Erbansprüche, führte die Rechnungen über die geheimen Auslagen der Staatskanzlei und über die des Staatskanzlers selbst, stellte das Jahresbudget zusammen und beaufsichtigte die Kasse. Alle Vorträge über Anstellungen und Pensionierungen lagen gleich den sogenannten besonderen Gegenständen in Hudelists Händen 133). Er vertrat den abwesenden Staatskanzler in allen kurrenten Geschäften wie im Vorsitze der Staatsrats- und Ministerkonferenzen und bewährte sich ebenso als Verfasser geistlicher Gutaditen wie als Redakteur der Wiener Kongreß Protokolle oder als findiger, selbst zugreifender Archivar 134). Dieser Überbürdung ist Hudelist — nicht ohne Vorahnungen seines nahen Endes — vorzeitig erlegen. Am 21. Oktober 1818 raffte ihn während einer Konferenz mit dem sardinischen Gesandten, in der der Postvertrag unterzeichnet werden sollte, ein Schlaganfall hinweg. Doppelt fühlte Metternich, der sich eben auf dem Aachener Kongresse befand, den Verlust dieses bewährten Mannes. Und als man seinen Aktennachlaß erhob und sichtete, da zeigte sich nochmals die Weite und Tiefe seines Arbeitsfeldes135). An Hudelists Stelle ist im Feber 1819 der Internuntius Ignaz Freiherr von Stürmer 136) getreten, ein siebenundsechzigjähriger Mann, der sich nach der Auflösung des Jesuitenordens der diplomatischen Laufbahn zugewendet und diese 1779 als Sprachknabe in Konstantinopel begonnen hatte. 1793 war er von dort in die Staatskanzlei berufen worden und 1802 als Internuntius nach Konstantinopel zurückgekehrt. Hier hatte ihm im Sommer 1817 die Pest unter tragischen Umständen einen neunjährigen Sohn geraubt. Nun kehrte der vielgeprüfte Mann, hochbetagt an die Spitze der inländischen Abteilung gestellt, in die Staatskanzlei zurück. So frei allerdings wie Hudelist konnte er sich nun nicht mehr darin be13°) F. Kr on es, Österreichs Tage 215 f., 265, 276, 374. 131) F. W i 11 i c h e n 1. c. 3/1, 266 ff.; etwas anders bei K. Mendelssohn- Bartholdi 1. c. 1, no. 13") 13 VIII ii Vorträge 286. 133) 16 VIII 27 Organisierung Interiora 2. 13,1 14 I 24 Hudelist an Mett. Inte-iora 77; 15 II 8 Protokoll Kongreßakten 5. “5) 18 X nach 21 Nachlaß Verzeichnis Personalia 8. 13G) 19 II 8 Dekret Personalia 18; C. Wurzbach 1. c. 40, 178; Alig. deutsche Biogr. 37, 49. 30