J. K. Mayr: Inventare Teil 5. Band 2. Geschichte der österreichischen Staatskanzlei im Zeitalter des Fürsten Metternich (1935)

V. Gentz und Metternich - 2. Metternich

der Vortrag, in dem Metternich für die gesellschaftliche Hebung des Hauses Rothschild — „unvergleichlich in Europa an innerem Gewichte“ — ein­getreten ist 863). Die Raschheit seiner Arbeitsweise — er schrieb in zwei Stunden nieder, woran der Mundant dreimal solange zu arbeiten hatte — beeinträchtigte so sehr Stil und Schrift, daß Metternich seine Aufsätze meist nicht ohne große Beschämung überlas. Er ließ sie daher von einem Beamten seines Privatbüros zwecks wiederholter Durchsicht sogleich ins Reine schreiben („a copier en minute“). Nicht selten überließ er seine Konzepte seinen vertrauten Mitarbeitern, wobei sich diese auf die Durch­sicht des „äußerlichen Redeganges“ zu beschränken hatten 884). Unter diesen „täglichen Ausarbeitern“, die Metternich — so leicht er auch zu arbeiten vermochte — nicht entbehren konnte, nahm Gentz eine bevorzugte Stellung ein. So weist z. B. Metternichs geheime Instruktion für den Präsidenten der Mainzer Zentraluntersuchungskommission Gentzens Verbesserungen auf 865). Das waren diesem „odiose Geschäfte“, über denen ihm zuweilen „fast die Gedanken ausgingen“ 866). Besonders häufig pflegte Metternich seine für den österreichischen Beobachter bestimmten Artikel „zu klassischen Werken umstempeln zu lassen“. Dies geschah zuweilen auch auf Grund nachträglicher mündlicher Weisungen, über die dann Gentz gelegentlich noch etwas hinausgegangen ist 867). Es kam auch vor, daß Metternich das Konzept, sobald alle Hauptsachen darin enthalten waren, abbradi und die Schlußsätze durch seine Kabinettssekretäre anfügen ließ 868). Auch seine Memoiren hat Metternich durch Gentz überprüfen lassen 869). Neben diesem wurde auch Wacken zur Nachprüfung herangezogen („ä revoir par M. de Wacken“), wobei dann — dem allgemeinen Brauche entsprechend — die Reinschrift ohne weitere Durchsicht angefertigt wurde8T0). Freier als jener scheint sich hiebei Depont bewegt zu haben, zumal wenn es sich um Tagesberichte über Unterredungen handelte, denen er selbst mitbeigewohnt hatte, oder wenn er sonst dazu berechtigt zu sein glaubte („voilä comment j’envisage l’un et l’autre point“) 871). Auch Mercy ist bisweilen weit über das rein stilistische Gebiet dieser Verbesserungen hinausgegangen, besonders auch in Tagesberichten 872). Prokesch ist ge­legentlich zur Durchsicht von Zeitungsartikeln herangezogen worden, sel­tener Pilat87S). Werners Verbesserungen beschränkten sich zumeist auf deutsche Bundesangelegenheiten. Dem französisch-belgischen Zollverein galten Entwürfe, Korrekturen und Glossen Metternichs und Werners 874). "*) ii VI 13 Vorträge 331. 865) O. Brandt 1. c. 2, 143, 152; Aus Mett.s nachgel. Papieren 3, 429; Schmidt- Weißenfels, Metternich 2, 54. 865) 19 XI 5 Instruktion Deutsche Akten 40 (alt). “*) L. Ass in g 1. c. 3, 278. 867) 22 XII 14 Zirkulardepesche Kongreßakten 44; vgl. H. v. S r b i k, 1. c. 1, 518 f. sós) p w ; 11 i c h e n 1. c. 3/2, 34, 350; 44 IV 11 Weisung nach Rom Rom, Collect. 13. ““) L. A s s i n g 1. c. 4, 92 ff. 87°) 27 IV 3 Mett, an Herzog von Lucca Parma 9. 871) 42 IV 18 Entretien avec M. Pageot Spanien 554; 44 V 18 Weisung nach Rom Rom, Collect. 13. S7i) 40 IV 9 Mett, an Gagliati Neapel 67. 873) Aus den Tagebüchern d. Gr. Prokesch-Osten 199 874) 43 IV 19 Weisung nach Berlin Preußen 111. 149

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