J. K. Mayr: Inventare Teil 5. Band 2. Geschichte der österreichischen Staatskanzlei im Zeitalter des Fürsten Metternich (1935)
V. Gentz und Metternich - 1. Gentz
liehe Zuwendungen auf seine Seite brachte 765). Übler als das Ungeschick des jungen Stix waren die Erfahrungen, die Gentz 1813 mit seinem Schreiber Steinbeiss machen mußte, der einzelne der ihm anvertrauten Aktenstücke — so eine Denkschrift über die Folgen der Niederlage von Lützen (2. Mai 1813) — der französischen Botschaft zur Kenntnis brachte 766). Besser war Gentz mit seinem langjährigen Geheimschreiber Sigmund Schweitzer gedient, der in seiner Privatwohnung nächtelang für ihn arbeitete und — was Gentz gleichfalls zu nützen verstand — eine hübsche Frau hatte. Nach Gentzens Tod hat Jarcke, sein Amtsnachfolger, Schweitzer in seine Dienste übernommen 767). Die erste Stelle in Gentzens Hofstaat, dem auch Bastien, einer der besten, fürstlich entlohnten französischen Köche, angehörte — er hat sich später in Gersthof als Weingartenbesitzer niedergelassen —, hatte Karl Leiden inne, Gentzens erster Sekretär, den er sogar — so 1818 in Karlsbad — zum Dechiffrieren verwendete. 1819 hat er ihn beim Oberststallmeisteramt und 1823 im Kurierdienst der Staatskanzlei untergebracht768). 1827 ehelichte Leiden eine Tochter des englischen Botschaftskuriers, was ihn der Staatskanzlei nur noch wertvoller gemacht haben mag 789). D. Arbeitsgebiete. Metternich hat Gentz sein volles Vertrauen geschenkt. Allmählich wurde es ihm zum Bedürfnisse, alle wichtigen Angelegenheiten mit Gentz, „seinem nächsten und treuesten Organ“, zu besprechen, wenn er ihn auch nur in Fällen von besonderer Wichtigkeit zur unmittelbaren Mitarbeit herangezogen hat, teils als Konzipisten, teils als Uberprüfer der eigenen Entwürfe. „Ich kenne den zweiten nicht“, so hat sich Metternich über Gentzens Vorzüge geäußert, „der die außerordentlichen Arbeiten der vielfachen Kongresse mit gleichem Erfolge hätte leisten können“. Seit der Julirevolution von 1830 standen Metternich und Gentz in einem gespannten Verhältnisse zueinander. Gentz verlor das Vertrauen in Metternichs innere und äußere Politik und behandelte ihn bisweilen „wie einen Schuljungen“. Metternich sprach von Gentzens revolutionärer Fronde und bezeichnete ihn wohl als Publizisten, nicht aber als Diplomaten. Dennoch hat er nach Gentzens Tod eine Sammlung seiner Schriften und Aufsätze — auch der dienstlichen — herausgeben lassen wollen 77°). Am frühesten hat sidi Gentz in österreichischen Diensten auf dem Gebiete der Staatsfinanzen betätigt, auf dem er sich schon in den Neunzigerjahren publizistisch versucht hatte. Nun wollte er neuerdings auf diesem Felde als Schriftsteller auf die öffentliche Meinung wirken 771). Der unglückliche Ausgang des Krieges von 1809 hat ihn zunächst ganz aus der 705) 13 X 10 Gentz an Styx Interiora 95; 13 X 18, 14 III 22 Hudelist an Mett. 1. c. 76, 77; C. Klinkowström, Aus d. alt. Registratur 89. 7e6) F. Wittichen 1. c. 3/1, 142. 767) L. A s s i n g 1. c. i, 341 f.; 2, 188, 273; 33 XI 29 Kanzleivortrag Interiora 8á. 768) L. A s s i n g 1. c. 2, 252, 312; 3, 242. 76B) 27 VI 18 Dekret Personalia 11; J. K. M a y r 1. c. 77°) F. Wittichen 1. c. 2, 340; 30 V 4 Vorträge 386; K. Varnhagen, Denkwürdigkeiten 8, 100, 145 f.; H. v. S r b i k 1. c. 1, 655 f. 771) M. Lederer, H. J. v. Collin (Arch. f. österr. Gesch. 109) 294; E. G u g 1 i a 1. c. 271 ff. 134