Lothar Groß: Inventare Teil 5. Band 1. Die Geschichte der deutschen Reichshofkanzlei von 1559-1806 (1933)

VI. Biographische Daten und Betätigung der einzelnen Beamten - 1. Die Reichsvizekanzler

anbot, wies dieser sie zurück. Puech wußte sich aber zu helfen. Er legte noch 30 Dukaten dazu und eilte zur Gattin des Reichsvizekanzlers, die das Geld ohneweiters annahm und versprach, bei ihrem Gatten eifrig für Freising fürzusprechen. Später mußte Puech dann allerdings, da die Sache seines Herrn durchaus nicht vorwärts gehen wollte, Kurz noch eine größere „Verehrung“ zukommen lassen, über die er aber nur Andeutungen macht 268). Kurz muß auch einen ausgesprochenen wirtschaftlichen Sinn besessen haben. Er hat auf seinen bedeutenden, in Niederösterreich erwor­benen Besitzungen verschiedene wirtschaftliche Unternehmungen ins Leben gerufen und sein Vermögen zu mehren verstanden 269). Nachdem er noch als Reichshofrat die Herrschaft Rahn (Raana) bei Horn gekauft hatte, erwarb er durch seine Ehe mit der Tochter des Hofkammervizepräsidenten Musdiinger die großen Güter Horn und Drosendorf in Niederösterreich und kaufte von der Hofkammer die eingezogene Herrschaft Dross 27°). Kurz starb, nachdem er in seinen letzten Lebensjahren schwer leidend gewesen war, am 24. März 1659 2n). Unter den Vizekanzlern des 17. Jahrhunderts dürfte er der bedeutendste und fähigste gewesen sein. Nachfolger des Grafen Kurz wurde nach einem heftigen Konflikt zwischen Kaiser und Erzkanzler, der mehr als ein Jahr währte 272), Wil- derich von Walderdorf f, Domkapitular zu Mainz und Dompropst zu Speyer. Er war der erste Reichsvizekanzler geistlichen Standes. Seine Laufbahn vor seiner Ernennung zum Reichsvizekanzler hat M e n t z ge­schildert 273), der auch für die Beurteilung seiner Vizekanzlerschaft manch Neues beigebracht hat. Auf diese biographischen Daten darf hier verwiesen werden. Walderdorff war zwar ein Kompromißkandidat, auf den sich Leopold I. mit Johann Philipp geeinigt hatte, er war aber doch in erster Linie der Vertrauensmann des Mainzer Kurfürsten und seines Kapitels, in dessen Interesse in Wien zu wirken er ausdrücklich versprach 274). Er blieb auch Generalvikar in spiritualibus und wurde vom Mainzer Kapitel wenig­stens teilweise als präsent betrachtet. Am 23. April 1660 wurde Walder­dorff vom Kaiser ernannt, beeidigt und der Kanzlei vorgestellt 275). Ver­sucht man, sich über seine Tätigkeit als Kanzleichef an der Hand der Akten ein Bild zu machen, so fällt die Tatsache auf, daß weder Konzepte noch Korrekturen von seiner Hand zu finden sind. Zum Unterschied von anderen Vizekanzlern scheint er sich an der konzeptiven Tätigkeit gar nicht beteiligt und alles den Sekretären W. Schröder und Walderode über­lassen zu haben. Seine Kanzleiverwaltung ist wohl mit Recht als nachlässig bezeichnet worden, andererseits klagte auch er nicht ohne Grund über Un­ordnung und Mißwirtschaft in Kanzlei und Taxamt 276). Er stand mit der 268) Vgl. Ivo Striedinger, Hans Georg Puecher (Freiherr v. Puech) ein Freising. Diplomat d. 17. Jhts., 67. 268) So zog er niederländ. Tuchmacher auf seine Herrschaft Horn. 27°) Vgl. Wisgrill, Schauplatz d. ndöst. Adels 5, 345. Alle vier Herrschaften liegen in Niederösterreich. 271) R. K. Verf. A. 2. 272) Vgl. darüber oben S. 50. 17s) Johann Philipp v. Schönborn, Kist. v. Mainz, 2, 299 ff. 274) Mentz a. a. O. 301. 275) Mzer. R. K. 3. 276) Vgl. oben S. ji f. 340

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