Lothar Groß: Inventare Teil 5. Band 1. Die Geschichte der deutschen Reichshofkanzlei von 1559-1806 (1933)

VI. Biographische Daten und Betätigung der einzelnen Beamten - 1. Die Reichsvizekanzler

Vertreter 245). Nachdem er im Januar 1638 zurückgekehrt war, wurde er im März 1638 neuerdings zu den Verhandlungen mit Schweden delegiert und diesmal der Reichshofrat Dr. Johann Konrad Hilleprand mit seiner Vertretung betraut 246). Kurz war dann fast ununterbrochen bis zum Juni 1639 vom Hoflager abwesend, da sich die zu Hamburg mit den Schweden und Franzosen geführten Friedensverhandlungen so lange hinzogen 247). In Hamburg traf Kurz am 31. Dezember 1638 ein und ging von dort nach dem Abbruch der Verhandlungen im April 1639 nach Glückstadt zu König Christian von Dänemark, der in den Verhandlungen als Vermittler auf­getreten war. Erst im Juni dieses Jahres übernahm Kurz die tatsächliche Leitung der Kanzlei. Er wurde aber auch in der Folgezeit vom Kaiser wiederholt zu diplomatischen Missionen verwendet. So wurde er in den nächsten Jahren zweimal an den bayerischen Hof gesandt, im Winter 1640 und Spätherbst 1642. Auch ins Feldlager zu Gallas reiste er im Winter 1644 und im Anschluß daran abermals nach München 248). Von diesen Missionen liegen zahlreiche, teilweise eigenhändige Berichte des Reichsvize­kanzlers an den Kaiser vor. Daß er so oft vom Kaiser für solche Aufgaben herangezogen wurde, lag großenteils zweifellos in der damaligen politischen Lage begründet, es spricht aber auch für seine Vertrauensstellung bei Fer­dinand III. Während seiner Abwesenheit vertrat ihn anfänglich Hilleprand, seit 1645 aber zumeist der Reichshofrat Justus von Gebhardt, einige Male auch der Reichshofratspräsident Ernst Graf öttingen 249). Seit der zweiten Hälfte des Jahres 1639 kann man die Tätigkeit des Grafen Kurz an den Akten der Reichskanzlei deutlicher verfolgen. Sie war eine außerordentlich intensive. Die aus den verschiedenen Friedensverhandlungen erwachsenen Akten geben vielleicht das beste Bild von der persönlichen Arbeitsleistung des Reichsvizekanzlers, von dem sehr viele eigenhändig verfaßte Schrift­stücke wie nur von wenigen seiner Vorgänger erhalten sind, der aber noch mehr ausgedehnte Korrekturen und Umarbeitungen an den Konzepten der Sekretäre vornahm. Gute Beispiele für die Arbeitsweise Kurzens sind die Konzepte der Weisungen an den nach Hamburg delegierten Reichshof rat Lützow vom j. November 1640 25°) und an den Grafen Auersperg vom 20. und 23. April 1643 251)- Besonders das letztere von Söldner ent­worfene Konzept zeigt deutlich, wie Kurz die Schriftstücke umarbeitete. Das Konzept vom 3. November 1640 ist auch deshalb bemerkenswert, weil 246) R. K. Verf. A. 2. 24B) R. K. Verf. A. 2. Hilleprand wurde noch sechs Mal zum Vertreter Kurzens be­stellt, u. zw. 1641 Juni 4 u. Okt. 12, 1642 Aug. 27, Okt. 10 und Nov. 27, schließlich 1644 Jan. 15. 247) Vgl. hierüber Koch, Gesch. d. deutsch. Reiches unt. Férd. III., 1, 145 ff. 24S) Die diplom. Sendungen Kurzens i. d. J. 1637—1645 finden sich aufgezählt in einem zu Prozeßzwecken ausgestellten kaiserlichen Attest v. 7. Juli 1645 (R. K. Verf. A. 2): nach Bayern 1640 Febr. 11 bis März 11, desgleichen 1642 Okt. 18 bis Nov. 24, zu Gallas 1644 Jan. 16 bis Febr. 2 usw. 24tl) Gebhard wurde zum Vertreter bestellt am 10. Aug. 1645, 18. Aug. 1646, 10. Okt. 1646, 2i. Juni 1647, 8. Juni 1652, 16. Aug. 1653, 2. März 1655, 4. Juli 1655, 11. Apr., 3. Aug. u. 28. Okt. i6j6, Oettingen am 13. Mai 1648 u. 4. Mai 1650. Es handelte sich dabei allerdings nicht immer um Dienstreisen Kurzens, sondern in manchen Fällen auch um Urlaube, die er auf seinen Gütern verbrachte. 25°) R. K. Fried. A. 45 b. 261) R. K. Fried. A. 46 k 22 337

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