Lothar Groß: Inventare Teil 5. Band 1. Die Geschichte der deutschen Reichshofkanzlei von 1559-1806 (1933)

I. Die allgemeine Entwicklung der Reichskanzlei von 1559-1806 - 1. Die Neuorganisation der Reidiskanzlei im Jahre 1559 und ihre Entwicklung bis zum Tode Maximilians II

Kurfürsten überlassen sein, ebenso die Errichtung einer Kanzleiordnung, schließlich kam der Vorschlag auch dem Wunsche des Erzbischofs nach Anstellung eines Taxgegenschreibers entgegen. Der ganze Vorschlag sollte nur für den gegenwärtigen Reichstag gelten, im übrigen begehrte der Kaiser für endgültige Bereinigung der ganzen Kanzleifrage eine entsprechende Frist, da er in Frankfurt der Meinung gewesen sei, die Forderung des Kurfürsten bezöge sich nur auf die Siegelführung und daher die Bereitstellung des Beweismaterials für seinen Rechtsstandpunkt unter­lassen habe, während der Erzbischof hiezu ein Jahr Zeit gehabt hätte. Sollte jedoch der Erzkanzler schon jetzt auf die endgültige Austragung der Angelegenheit dringen und den Vorschlag zurückweisen, so möge er das Siegel zurückstellen, damit den Parteien durch längeren Aufenthalt kein Schaden erwachse, soferne er aber dem Kaiser die nötige Zeit zur Verteidigung seiner Rechte einräumen wolle, möge er die ihm zugesandten Urkunden unterschreiben und besiegeln, unter der Voraussetzung, daß daraus den beiderseitigen Ansprüchen nicht präjudiziert sein sollte. Der Erzbischof wurde so vom Kaiser in eine gewisse Zwangslage gebracht, wenn man die Haltung Ferdinands vielleicht auch nicht mit Seeliger als ein schroffes Ultimatum wird betrachten wollen, da Daniel ja auch bei Ablehnung des Vorschlages noch immer der Ausweg der Vertagung der Angelegenheit offen stand. Dem Kaiser war es wohl darum zu tun, die Aushändigung der Urkunden und sonstigen Schriftstücke, die nun­mehr seit bald eineinhalb Monaten beim Erzkanzler zur Unterschrift lagen, an die Parteien zu beschleunigen. Daniel zog es vor, den Vorschlag Ferdinands mit einigen unwesentlichen Änderungen, über die noch am 2j. März, i., 3. und 4. April verhandelt wurde, anzunehmen. Ein förm­licher Vertrag ist über diese Einigung nicht abgefaßt worden, der Kaiser begnügte sich, dem Erzkanzler eine Resolution zustellen zu lassen und dieser erklärte, sie nach einer mit Seid vereinbarten Weglassung der auf die Rechte der Erzbischöfe von Köln und Trier bezüglichen Klausel anzu­nehmen 10). Die Kanzleifrage war also am 4. April soweit geklärt, aller­dings nur für die Zeit des Reichstages. „Hieruff ist also die handlung die administration der kay. canzlei bei disem werenden reichstag belangend verglichen, allein beruhet es an deme, das nunmeher die canzleiordnung verfast werden sollen“, mit diesen Worten kennzeichnet der Mainzer Sekretär die Lage an diesem Tage. Der vierte Punkt des kaiserlichen Vor­schlags räumte, wie schon erwähnt, dem Erzkanzler das Recht zur Er­lassung einer Kanzleiordnung ein. In der endgültigen kaiserlichen Resolu­tion war dies in allerdings etwas eingeschränkter Weise zum Ausdruck gebracht. Es hieß dort, daß alle in der Kanzlei behufs „besserer Expedition und Richtigkeit“ nötigen Ordnungen mit Rat und Vorwissen des Erz­kanzlers erlassen werden sollten, der sich bereit erklärt habe, zu diesem Zwecke die alten Ordnungen heranzuziehen und zur „Aufrichtung einer stattlichen Ordnung“ behilflich zu sein. Die Aufnahme dieser Bestimmung, die doch auf eine dauernde Regelung hinzielte, in einer Vereinbarung, die ganz ausdrücklich nur eine zeitlich eng begrenzte Gültigkeit haben sollte, ist zweifellos auffallend. Noch merkwürdiger erscheint uns aber im Hin­blick auf die bisherige Haltung des Kaisers der Inhalt der Kanzleiordnung, 10) Der bei Seeliger 221 ff., gedrudcte Text ist jener der kaiserlichen Resolution. 8

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