Historische Blätter 7. (1937)

Josef Karl Mayr: Die Schlussakte des Wiener Kongresses

nicht, wie Clancarty berechnete — wenn nämlich alle Höfe Unterzeichne­ten und Ratifikationen unter sich austauschten —, die Zahl derselben auf 1600 anschwellen13. Schon drängten Metternich, Hardenberg und Nessel­rode zur Abreise, als „nach beispiellosem Arbeiten, Conferieren und Redi­gieren“ die Schlußakte am 9. Juni im Konzept paraphiert werden konnte. Noch im letzten Augenblick hatten sich Schwierigkeiten ergeben, die dem Umstand entsprungen waren, daß bei dem Fehlen aller Beispiele für Form und Inhalt neue Regeln geschaffen werden mußten. „Ohne meine Gegen­wart“ — so konnte sich Metternich rühmen — „wäre die Kongreßakte nie zustande gekommen“14. Über die Paraphierung der 110 Artikel — mehr waren es damals noch nicht — wurde am 9. Juni ein Protokoll aufgenommen, in dem die Ver­lesung der Einleitung und sämtlicher Artikel sowie die Proteste Labradors für Spanien und Löwenhielms für Schweden — jener gegen die Artikel 99 und 100, dieser gegen die Artikel 101, 102 und 104 gerichtet — ver­zeichnet wurden. Aufschlußreicher als dieses erst am 11. Juni — wir wer­den gleich hören, warum — abgeschlossene Protokoll15 ist das paraphierte Konzept der Schlußakte16. Gentzens, des Redaktors, Handschrift kehrt häufig wieder. Vorherrschend aber ist die Handschrift seines Privat­sekretärs Siegmund Schweitzer, von dem wir wissen, daß ihn Gentz in seiner Privatwohnuug als Kopisten verwendet hat. In ihr also sind von Gentz die meisten Kongreßartikel zu Papier gebracht und je nach Bedarf von Schweitzer reingeschrieben worden. Nächtelang sind Herr und Diener über diesen weltbewegenden Papieren gesessen. Die übrigen Hand­schriften lassen sich dem Österreicher Freiherrn von Werner und dem Preußen Humboldt zuweisen. Zwei selten auftretende Handschriften mögen von preußischen Sekretären herrühren. Daß das Konferenzprotokoll am 9. Juni nicht abgeschlossen werden konnte, war durch das Fehlen der deutschen Bundesakte bedingt, deren Konzept noch nicht fertiggestellt war. Am 1. Juni hatte das deutsche Kon­greßkomitee zwei seiner Mitglieder — den Schaumburger Berg und den Bremer Smidt — mit der Redaktion der Artikel betraut. Tags darauf wurden die von Martens, dem Sekretär des Komitees, zu Papier gebrach­ten Artikel der Komiteeversammlung vorgelegt, die sie den anwesenden Mitgliedern eilends diktieren ließ. Am 3. Juni fand die Verlesung statt, 13 C. Webster 80, Anm. 3. 14 1815 VI. 7. Vortrag Wien, Staatsarchiv, Vorträge 292. 15 C. Angeberg 2, 1915. 16 Wien, Staatsarchiv, Kongreßakten 28. 64

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