Historische Blätter 4. (1931)

Herausgegeben von Josef Karl Mayr: Das Tagebuch des Polizeiministers Kempen. September bis Dezember 1859

Das Tagebuch des Polizeiministers Kempen. September bis Dezember 1859. Herausgegeben von Josef Karl Mayr. VORWORT. Das Tagebuch, das der Begründer und — seit 1849 — erste Generalinspektor der österreichischen Gendarmerie, zugleich auch — seit 1852 — Chef der Obersten Polizeibehörde des wieder absolut regierten Kaisertums Österreich Feldmarschalleutnant Johann Freiherr Kempen von Fichtenstamm durch mehr als ein Menschenalter fortlaufend geführt hat, wird in seinem wichtigsten, vom Jänner 1848 bis in den September 1859 reichenden Abschnitte soeben selbständig von mir herausgegeben *. Die Aufzeichnungen, die Kempen während dieser Zeit fast lückenlos zu Papier gebracht hat, umschließen die glanzvollste Epoche seiner fünfzigjährigen militärischen Laufbahn, seine Teilnahme an der Eroberung Wiens und an dem Feldzuge gegen das aufständische Ungarn, seine Wirksamkeit als Generalinspektor der Gendarmerie, als Militärgouvemeur von Wien, endlich als Chef der Obersten Polizei­behörde des Kaiserstaates. Und neben diesem erstaunlichen, auf wenige Jahre zusammengedrängten Aufstiege Kempens vom Truppendienste zu mehreren der wichtigsten Posten des nach den Stürmen der Revolution rasch wieder sich aufrichtenden Habsburgerreiches sind in jenen Auf­zeichnungen auch Ursachen und Verlauf des jähen Sturzes mitinbegriffen, der Kempen im August 1859 innerhalb weniger Tage von stolzer Höhe in die Tiefe geschleudert hat. Mit jenem Tage, an dem Kempen seine Dienstgeschäfte in die Hände des Kaisers zurücklegte, bricht die Heraus­gabe seines Tagebuches über jene schicksalsreichen zwölf Jahre ab. Eben hier den Schlußstrich zu ziehen, ließen verschiedene Mo­mente als ratsam erscheinen. Nicht zuletzt die Tatsache, daß Kempens Tagebuch von diesem Zeitpunkte an seinen Gesamtcharakter wesentlich ändert. Denn bis in den September 1859 hinein hat Kempen seine Auf­zeichnungen aus der Fülle der eigenen Wirksamkeit unmittelbar schöpfen können. Dem setzt sein Rücktritt von allen Ämtern deutlich ein Ziel. Von nun an ist er auf die Mitteilungen anderer Personen angewiesen, die er * Österr. Bundesverlag, Wien 1931. 77

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