Historische Blätter 4. (1931)

Ferdinand Bilger: „Großdeutsche“ Politik im Lager Radetzkys

sönliche Erlebnis der Zeit und die Gedankengänge Schwarzenbergs sind Wort um Wort deutlich erkennbar. Dort die Leitung der deutschen An­gelegenheiten als erste deutsche Macht, hier Österreich als der „Leiter der Geschicke“ von Deutschlands Zukunft, dort unmittelbar nach der Abweisung des „unitarischen“ Staatsgedankens die Begründung, daß „ein solcher einheitlicher Staat der staatlichen und persönlichen Freiheit der Deutschen hemmend in den Weg treten würde“ 88, hier Österreich als der „einzige wahre Freund“ Deutschlands, der Freund also, der im Sinne des kaiserlichen Kabinettes gegenüber dem unitarischen Programm Gagems „die Wahrung der verschiedenen lebenskräftigen organischen Glieder Deutschlands“ durchzuführen vermag 89, dort die Gleichstellung des „engeren Bundesstaates“ mit einem Unitarismus, welcher „den ein­zelnen Gliedmaßen, der Geschichte und den Bedürfnissen der Gegenwart entgegen, jedes selbständige Leben entziehen würde 90“, hier die „exzen­trischen Einheitsgelüste“, vor denen das Gewicht der Macht Österreichs Deutschland bewahrt 91. In den letzten Noten und Presseinformationen Schwarzenbergs waren ernste Differenzen mit Preußen sichtbar geworden, das Wort vom „Keim unheilvoller Spannungen“ in der Note vom 4. Februar hatte eine deutliche Sprache geredet. Am 30. März geht die Nachricht von der Erwählung des Königs von Preußen zum Kaiser92, am 6. April die Antwort Friedrich Wilhelms IV. an die Frankfurter Abordnung durch die Öffentlichkeit 93. Mitten unter diesen erregenden Nachrichten trifft im Lager Radetzkys eine Botschaft des preußischen Heeres ein, die Hul­digungsadresse, welche das Gardekorps dem Feldmarschall zu seinen Siegen von 1848 übersandt hatte94. Die Offiziere sämtlicher Truppen- körper der preußischen Garde waren darauf unterzeichnet, an der Spitze 88 Note Schwarzenbergs vom 4. Februar 1849. Augsb. Alig. Zeitg. vom 12. Februar 1849. 89 Siehe Anmerkung 88. — 90 Siese Anmerkung 88. 91 Ober die Stelle „ebenso vor demagogischem Treiben“ wird weiter unten gesprochen werden. 92 Augsb. Alig. Zeitg. vom 30. März 1849. 93 Augsb. Alig. Zeitg. vom 6. April 1849. 94 Das Original im Heeresmuseum in Wien, zweiter Waifensaal, Fensterbogen III, Nr. 207, 4. Die künstlerische Ausführung von dem Düsseldorfer Maler Wilhelm Camphausen. Abbildung in dem 1908 vom Kriegsarchiv herausgegebenen Jubi­läumswerk „Österreichs Wehrmacht 1848—1908“. Seite 11. Der Text wurde aus dem Hauptquartier Radetzkys sogleich durch W. Hackländer in der Augsb. Alig. Zeitg. vom 21. April 1849 veröffentlicht. Abdruck auch bei Hackländer, Bilder aus dem Soldatenleben im Kriege, II. Stuttgart 1850, S. 157 f. 23

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