Historische Blätter 4. (1931)

Fritz Reinöhl: Aus dem Tagebuch der Erzherzogin Sophie

Aus dem Tagebuch der Erzherzogin Sophie. Von Fritz Relnöhl. Das Bestehen eines Tagebuches der Erzherzogin Sophie, der Gei­mahlin Erzherzog Franz Karls und Mutter Kaiser Franz Josephs, ist seit langem bekannt, sein Quellenwert stets hoch eingeschätzt worden. Dieses Tagebuch befand sich zuletzt im Archiv Erzherzog Karl Ludwigs, welches im Lustschloß Schönbrunn eingelagert war und in den November­tagen des Jahres 1918 vom Hause Habsburg-Lothringen entfernt und scheinbar in eigene Verwahrung genommen wurde. Der wissenschaftlichen Forschung ist dieses Tagebuch nur einmal zur Verfügung gestellt worden. Im Jahre 1907 war der Sektionsrat im Haus-, Hof- und Staatsarchiv, sein nachmaliger Direktor Dr. Hanns Schiitter amtlich mit der Darstel­lung der europäischen Politik des Fürsten Felix Schwarzenberg betraut worden. Schiitter erbat durch den k. u. k. Minister des Äußern und des kaiserlichen Hauses Freiherrn Lexa von Aehrenthal die vom Eigentümer dieses Tagebuches Erzh. Ludwig Viktor, dem Bruder Kaiser Franz Josephs, als unerläßliche Voraussetzung einer Benützung des Tagebuches geforderte Bewilligung des Kaisers als Oberhauptes des Hauses zur Ein­sicht. Franz Joseph, der von Schiitters Absicht, sich mit dem außen­politischen Wirken des Fürsten, den er in einer dem Genannten gewährten Audienz als „seinen größten“ Minister bezeichnete, sehr erfreut gewesen zu sein scheint, erteilte die Einsichtsbewilligung und gestattete Schiitter die wissenschaftliche Verwertung. Das viele Bände umfassende, durchwegs französisch, klein, oft schwer lesbar geschriebene Tagebuch befand sich, wie erwähnt, damals im Eigentume Erzherzog Ludwig Viktors auf Schloß Kiesheim bei Salzburg. Der Erzherzog teilte Schiitter mit, daß seine Mutter dieses Tagebuch für ihn geführt und ihm übergeben habe; in der Tat setzt es, wie Schiitter bezeugt, mit dem 15. Mai 1842, dem Geburts­tage Ludwig Viktors ein. Schütter durfte nur jene Teile des Tagebuches einsehen, welche die Zeit vom März 1848 bis zum Eintreffen der Nach­richt vom Tode Schwarzenbergs, der am 5. April 1852 starb, umfassen. Schiitter schrieb alle ihm politisch halbwegs bemerkenswert erscheinenden 109

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