Historische Blaetter 2. (1921)

G. v. Below: Zur Geschichte der deutschen Geschichtswissenschaft

gezogen und den Zusammenhang aufs bestimmteste behauptet hat. Die Erklärung für die Stellung, die er einnimmt, wird man darin zu suchen haben, daß ihm, wie auch andern 1, die Romantik als etwas spezifisch Katholisches erscheint, das er bei Roscher, Hildebrand und Knies nicht findet. Er schildert denn auch wesent­lich1 das persönliche Bekenntnis Ad. Müllers als die „romantische Nationalökonomie“. Wir müßten freilich von großen Verdiensten der romantischen Nationalökonomie selbst in dem Fall sprechen, daß sie in der Tat nur das persönliche, katholische Bekenntnis Müllers darstellte. Denn die Anregungen, die von Müller auf die historische Nationalökonomie ausgegangen sind, bleiben unbestreitbar. Aber die Verwertung der Anschauungen aller romantischen Kreise ergibt, daß die katholische Farbe doch nicht das Wesen der romantischen Nationalökonomie ausmacht. Ich möchte hier namentlich auch die Parallele mit der historischen Rechtsschule geltend machen. Wie man die romantischen Anschauungen über das Recht nur darzustellen vermag, indem man die Darlegungen von Savigny, Eichhorn und der andern romantischen Fachmänner zugrunde legt, nicht bloß die von Fichte, Schelling, Ad. Müller, so werden die romantischen Anschauungen über wirtschaftliche Dinge nur festgestellt werden können, indem man nicht bloß die Äußerungen von Fichte, Novalis und Ad. Müller, sondern nicht weniger die Darlegungen der entspre­chenden Fachnationalökonomen, insbesondere der Begründer der historischen Schule der Nationalökonomie (Hildebrand, Roscher, Knies), heranzieht. Ein Unterschied besteht ja nur insoweit, als diese chronologisch später als die Juristen innerhalb der großen romantischen Bewegung auftreten und, von den letzteren mit beein­flußt, insofern Schüler und Enkelschüler der Romantik zugleich sind. Im übrigen läßt sich dasvonFreyer zur Verfügung gestellte prächtige Material mit schönstem Erfolg für die Schilderung des Zusammen­hanges, der gemeinsamen Grundgedanken von Romantik und histo­rischer Nationalökonomie verwerten. Um nur ein paar seiner Sätze herauszugreifen, so lesen wir bei ihm, daß „in aller romantischen Nationalökonomie das historische Moment bereits wesentlich ist und der neuen realistischen Schule in Deutschland den Namen gibt“, und daß Hildebrand „mit Hilfe des Entwicklungsgedankens, der soeben die Rechtswissenschaft, die Sprachwissenschaft, die Religionswissen­schaft umgestaltete, auch die Wirtschaftswissenschaft von Grund aus revolutionieren, die Naturgesetze der Klassiker relativistisch auflösen 1 Siehe 1. Heft dieser Zeitschrift, S. 22 ff. 198

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