Historische Blaetter 2. (1921)

G. v. Below: Zur Geschichte der deutschen Geschichtswissenschaft

welche Bedeutung für die Verteidigung und Förderung der echten Wissenschaft die Beschäftigung mit ihrer Geschichte, deren Kenntnis, „der geistige Verkehr mit ihren hohen Ahnen“ besitzt. Als Errungenschaft, bald der Aufklärungl, bald des Positivismus, rühmt man die Ausbildung der vergleichenden Methode. Wenn gewiß die Vergleichung — der Religionen, der Rechtssysteme, der Völkersitten — ein Hauptwerkzeug im Kampf für die Ideale der Aufklärung- ge­wesen ist und wenn der Positivismus seine schroffen historischen Ge­setze auf der vermeintlichen Übereinstimmung der Entwicklung aller Völker aufbaut, so fehlt die Vergleichung innerhalb der Romantik doch durchaus nicht. Der ihr eigene Trieb, die nationale Eigenart zu er­fassen, schließt jene nicht aus, sondern ein, weil nur mit ihr das Ge­meinsame und das Besondere der Völker ermittelt werden kann. Eine unbestreitbare Tatsache ist es jedenfalls, daß die Romantik mit glück­licherem wissenschaftlichen Erfolg die Vergleichung gehandhabt hat als die Aufklärung und der Positivismus. Sie hat sie ebenso kräftig ange­wandt, wie sie sich der Schwierigkeiten ihrer Handhabung und der Gren­zen ihrer Leistungsfähigkeit stärker bewußt gewesen ist. Niebuhrs Un­ternehmen, die alten Zustände Roms durch die Heranziehung der Ver­hältnisse Ditmarschens zu erläutern, ist ein klassisches Beispiel verglei­chender Methode und den Vergleich wandteer nicht bloß hiebei an2. Die gewaltige Ausdehnung der vergleichenden Sprachforschung geht von den Romantikern auss. J. Grimms Erfolge beruhen wesentlich auf seiner umfassenden Kenntnis der verschiedenen germanischen Dia­lekte. Fügen wir sogleich hinzu, daß der Fortschritt, der neuerdings in der Erkenntnis des deutschen Rechts durch die Berücksichtigung der im alten Frankreich bestehenden Rechtsgewohnheiten, ferner der Skandinavischen Rechte, der Fortschritt ebenso, der in der Erkenntnis des antiken Rechts durch die Berücksichtigung des griechischen Rechts, durch die gesamten papyrologischen Studien erreicht worden ist, sich nur die älteren Schriften Taines. Man wird sich aber skeptisch zu seinem Ver­gleich zwischen Taine und Hegel stellen. Außerdem kommt hier in Betracht, daß manches Vulgata ist, was für Hegel in Anspruch genommen wird. 1 Vgl. oben S. 175, Anm. 3 über Tröltsch’ Ansicht. s Vgl. m. „Probleme der Wirtschaftsgeschichte“, S. 5; M. Ritter, Die Ent­wicklung der Geschichtswissenschaft, S. 321 ff. Ebenda S. 343 über K. F. Eich­horns Anwendung der Vergleichung. Über die Vergleichung bei Ad. Müller s. Metzger, Gesellschaft, Recht und Staat, S. 262. Über die Grenzen der Verwen­dung der Vergleichung s. m. „Probleme“, S. 24 ff.; Holldack, Grenzen der Er­kenntnis ausländischen Rechts (1919), S. 50 ff. Gegen die Tendenz, den ständi­schen Kampf in Rom als eine sich aller Orten darbietende Erscheinung aufzu­fassen, s. Jul. Binder, Die Plebs (1909), S. VI. 3 Vgl. oben S. 175, Anm. 3.

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