Historische Blaetter 1. (1921)

G. v. Below: Zur Geschichte der deutschen Geschichtswissenschaft

dem selbstzufriedenem Rationalismus des 18. Jahrhunderts die Ro­mantik sich auf wissenschaftlichem Gebiet überall eine vertiefte Er­kenntnis des Werdens zur Aufgabe gemacht« hat1 und wie insbeson­dere auch »der Aufbau der Kulturgeschichte eines der Hauptziele einer romantisch beeinflußten Denkweise« war2. Bezolds Buch bringt über­haupt eine anschauliche Schilderung der reichen Förderung, die die Ro­mantik auch noch in ihrer späteren Zeit dem Ausbau der Wissenschaften gewährt hat. An der Bonner Hochschule wirkte sich »der mächtig ge­steigerte Trieb der Romantik, sich in den Gefilden des ,reinen Ostens*, vor allem in der Literatur der Araber und Perser als in einem Paradies ungekannter Schönheit und Weisheit heimisch zu machen,« aus, und »die anregende Kraft des großen Anempfinders A. W. Schlegel be­währte sich bei jedem Stoff, dem er sie ernstlich zuwenden wollte«, so auf dem Gebiet der germanistischen Philologie. »Der glücklichste Stern leuchtete über der Geburtsstunde der Romanistik. Es wird immer zu den unanfechtbarsten Ruhmestiteln unserer Hochschule gerechnet werden, daß die moderne wissenschaftliche Erforschung der romanischen Sprachen­welt nicht in Frankreich, sondern hier am Rhein ihren Anfang genommen hat. Und zugleich hat damit der große Eroberungszug der deutschen Romantik nach den geistigen Schätzen aller Völker einen seiner schönsten Triumphe gefeiert. Unter den Vordersten dieser Eroberer steht wieder A. W. Schlegel... Dabei blieb doch immer der feste Untergrund einer innigen Fühlung mit der germanischen und der deutschen Vorzeit unversehrt«8. A. W. Schlegel, der der Romantik auf dem Gebiet der Wissenschaft 9 1 Im Anschluß an diesen Satz macht Bezold S. 253 eine hübsche Bemerkung über den Zusammenhang der neuen Technik der historischen Methode mit der roman­tischen Auffassung (vgl. dazu meine »Parteiamtliche neue Geschichtsauffassung«, S. 12): »Mit dieser neuen Fragestellung bot sich zugleich als das unentbehrliche Mittel ihrer Beantwortung für den Historiker im engeren Sinn die philologische Kritik, die aus anderem Ursprung abgeleitet, doch der Behandlung historischer Probleme sich gleich­sam von selbst auf nötigte.« 2 F. v. Bezold, S. 253 und 258. Über die Zugehörigkeit Niebuhrs zur Romantik vgl. Vierteljahrschrift für Sozial- und Wirtschaftsgeschichte, Bd. 13, S. 431 ff. u. Bd. 15, S. 85. G. Küntzel, Niebuhrs Römische Geschichte und ihr zeitgenössischer politischer Gehalt (Siehe Abdruck aus »Festschrift für F. C. Ebrard, Frankfurt a. M. 1920), S. 5, hebt mit Recht hervor, daß Niebuhr »zu den führenden Geistern gehört, die in Deutschland die Aufklärung zu überwinden suchten und in der Romantik einer neuen Gefühlswelt das Daseinsrecht eroberten«. Doch wird man gerade auch nach seiner Schilderung den Zusammenhang Niebuhrs mit der Romantik noch stärker veranschlagen dürfen, als er es in seinem Gesamturteil tut. — F. v. Bezold, S. 259, spricht in einem be­stimmten Zusammenhang davon, daß »auch Niebuhr seinen Tribut an die Romantik zahlte« (er »ließ sich von dem lockenden Phantasiebild einer quiritischen Poesie ge­fangen nehmen«). Hier ist natürlich Romantik in einem engeren, speziellen Sinn ge­nommen. Der mannigfaltige Gebrauch des Worts hat natürlich auch dazu beigetragen, Differenzen in der Bestimmung der Grenzen der romantischen Bewegung hervor­zubringen. 5 F. v. Bezold, S. 248 ff.

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