Pester Lloyd-Kalender 1861 (Pest, 1861)

Pester Lloyd-Kalender für das Jahr 1861. - Necrologie

Necrologie. 13 begüterten Familie, ward 1796 in Brügge geboren und starb am 20. April in Brüssel. An ihm verlor der belgische Staat Einen seiner tapfersten Begründer und seiner edelsten, nützlichsten Bürger; das Parlament einen seiner angesehensten, besten Redner ; und die freie Wissenschaft einen kühnen Jünger und Verbreiter. Im Jahre 1831 war er gleichzeitig Minister des Innern und des Krieges und behielt das Portefeuille des letzte­ren bis gegen Ende 1832. Bürgermeister von Brüssel, seit 1848, war er mit nur kurzer Unterbrechung Mitglied des Abgeordneten-Hauses. Die belgische In­dustrie zählte ihn zu ihren tüchtigsten, unternehmend­sten Vertretern; und die Universität als Professor der Nationalökonomie, in welcher Eigenschaft er nicht wenig zur Verbreitung gesunder volkswirthschaftlicher Ideen beitrug, zu ihren geachtetsten Lehrern. Die Kammer beschloß, dem Leichenbegängnisse ihres ver­ewigten Mitgliedes in corpore beizuwohnen. Alle Theater und Anstalten öffentlicher Lustbarkeit waren am 20. geschlossen. Der Gemeinderath beabsichtigt, eine Straße der Hauptstadt mit dem verehrten Na­men des Todten zu belegen, und feinem Wirken durch öffentliche Subscription ein würdiges Denkmal zu setzen. Bruck, Karl Ludwig Freiherr von, ward am 18. October 1798 von bürgerlichen Eltern bei Elber­feld in Rheinpreußen geboren. In Bonn erlernte er die Handlung und hörte auch Vorlesungen ander dor­tigen Universität. 1821 ging er nach Trieft, um sich der Sache der Philhellenen anzuschließen, blieb aber dort als Sekretär einer Versicherungsgesellschaft. 1833 wurde er Mitbegründer der Dampfschifffahrtsgesellschaft des österreichischen Lloyd, dessen Direktor er bis 1848 war. Abgeordneter für Triest in der deutschen Natio­nalversammlung, trat er im November 1848 unter Schwarzenberg als Handelsminister in Staatsdienste. Im August 1849 zu diplomatischen Verhandlungen mit Sardinien verwendet, trat er im Mai 1851 wie­der in's Privatleben, übernahm abermals die Direktion des Lloyd, wurde im folgenden Jahre zur Verhandlung über den Zoll- und Handelsvertrag mit dem Zollverein nach Wien berufen, und im Jahre 1853 als Jnter- nuntius nach Konstantinopel geschickt. Am 10. März 1855 übernahm er nach Baumgarten'S Rücktritt das Finanzministerium, das er bis zu seinem Tode leitete, seit August 1859 zugleich mit den Geschäften des Handelsministeriums. Nachdem er in dem Eynat- ten'schen Unterschlagungsprocesse bereits mehrmals amtlich vernommen worden, erhielt er am 22. April Abends, aus der italienischen Oper zurückkehrend, Mit- theilung von einer Allerhöchsten Entschließung, die ihn seines Postens enthob. Inder folgenden Nacht öffnete er sich die Adern, nnd am 23. Nachmittags war er eine Leiche. Czartorisky, Konstantin Adam, Fürst, Herzog von Klevan und Zeskow, starb zu Wien am 23. April im Alter von 87 Jahren. Delorme, Pierre Claude Francois, franzö­sischer Geschichtsmaler, geboren 1783, starb am 10. November in Paris. Im Jahre 1810 hatte sein „Tod Abels" zuerst die öffentliche Aufmerksamkeit auf ihn gelenkt: seit jener Zeit war er vielfach mit Arbeiten für das Luxembourg und die Notredamekirche beschäftigt. Ferreri, Mauricis, portugisischer Minister des Seewesens, starb zu Lissabon am 17. März auf der Tribüne der zweiten Kammer mitten in einer Rede an einem Schlaganfalle. Frank, Gustav Ritter von, u. Dr., der 1848 in Wien als Commandant der mobilen Nationalgarde und als Adjuvant Bem's fungirt hatte, starb am 8. Januar in London. Grrard, Dirigent des Orchesters der großen Oper in Paris, starb in der Nackt des 17. Januar am Schlagflusse, nachdem er am Abende vorher noch die Aufführung der Hugenotten dirigirt hatte. Grimm, Wilhelm Karl, geboren 24. Februar 1786 zu Hanau, starb am 16. December als Professor in Berlin. Einer der ausgezeichnetsten Germanisten und der getreue Lebensgefährte seines um ein Jahr älteren Bruders Jacob, den er bei seinem Hinscheiden in untröstlichem Schmerze zurückließ. Erst fungirte er mit Jacob zusammen an der Bibliothek von Kassel; 1830 wurden beide an die Universität von Göttingen berufen; 1837 verloren sie ihre Stellen, weil sie gegen die Aufhebung des Hannoverschen Staatsgrund- gesetzes Einspruch erhoben; 1841 erhielten die Brüder den Ruf nach Berlin. Ein echter Geistesgenosse Ja- kob'S und mit ihm durch häusliche und amtliche Ver­hältnisse so wie durch das gleiche wissenschaftliche Stre­ben innig verbunden, wendete Wilhelm seine Forschun­gen namentlich der Poesie des deutschen Mittelalters zu. Kritische Ausgaben der aus jener Zeit stam­menden Dichtungen, zahlreiche Kommentare dazu, so wie Abhandlungen über den Ursprung der ver­schiedenen Sagenkreise, in denen dieselben sich bewegen, bilden den Hauptinhalt seiner schriftstel­lerischen Thätigkeit. Mit seinem Bruder zusammen schrieb er die reizenden „Kinder- und Hausmärchen"; mit ihm gemeinsam ging er auch an die Ausarbeitung jenes großartigen „deutschen Wörterbuches", welches bestimmt ist, den gesummten neuhochdeutschen Sprach­schatz darzulegen, soweit derselbe in sammtlichen Litcra- turwerken von Luther bis auf Göthe enthalten ist. Gunkel, niederländischer Generallieutenant, der um eines aus Gewinnsucht verübten Giftmordes willen zum Tode verurtheilt und zu lebenslänglicher Haft begnadigt worden war, starb nach kaum ein­jähriger Einsperrung, ein hoher Achtziger, am 14. December zu Haag im Gefängnisse. Harrison, der in der ganzen englischen Marine eben so beliebte wie hochgeachtete Capitän des „Great- Eastern", ertrank am 21. Januar zu Southampton bei dem Kentern eines Bootes, während an dem von

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