Pester Lloyd-Kalender 1860 (Pest, 1860)
Pester Lloyd-Kalender für das Schalt-Jahr 1860 - Nekrologie
28 Nekrologie. Oberst William Prescott, befehligte die amerikani- nischen Truppen in der Schlacht von Bunkers Hill. Sein Vater war Richter in Boston. Er selbst war am 4. Mai 1796 in Salem, Staat Maffachussetts, geboren, von wo er aber schon als 12jähriger Knabe mit seinen Eltern nach Boston übersiedelte. Dort graduirte er 1814. Leider hatte er während seiner Studienjahre durch einen Zufall ein Auge eingebüßt, und seit jener Zeit war auch das Andere sosehr geschwächt, daß er es jederzeit schonen mußte. Zum Glück waren die Vermögensverhältnisse seines Vaters derart, daß er nicht fürs liebe Brod zu arbeiten brauchte. Kaum waren seine Koüegienjahre abgelaufen, so trat er auch schon eine wissenschaftliche und Erholungreise nach Europa an, verweilte zwei Jahrein England, Frankreich und Italien, von wo er, körperlich gestärkt zwar, aber ohne daß sein leidendes Auge sich gekrästigt hätte, in seine Heimat znrückkehrte. Bald darauf heirathete er, und seitdem konnte er sich in wohlthu- ender Behäbigkeit seinen literarischen Arbeiten Hins geben, wobei er sich den größten Theil des Tagefremder Hilfe zum Studiren und Schreiben bedienen mußte. Die Geschichte Ferdinand's und Jsabella's zerschien im Jahre 1838 und wurde bald ins Fran- gösische, Spanische und Deutsche übersetzt. Prescott riehörte von da an zu den gefeiertsten Autoren Ame- inka's, und die königliche Akademie der Wissenschaften in Madrid ernannte ihn zu ihrem Mitgliede. Fünf Jahre später (1843) erschien seine „Eroberung Mexikos", nach Ablauf von anderen vier Jahren (1847) seine Geschichte der Eroberung Peru's, und von dieser Zeit an widmete er sich fast ausschließlich umfassenden Studien zu seiner Geschichte Philipp'sll. von Spanien, deren Vollendung ihm aber nicht vergönnt war. Doch verdanken wir dieser seiner letzten Periode noch die von ihm im Jahre 1856 veröffentlichte, mit werthvollen Anmerkungen und Ergänzungen versehene Ausgabe von Robertsons Geschichte der Regierungen Karl'sV. Ihm war das große Glück zu Theil geworden, seinen Ruhm mit jedem seiner Werke wachsen zu sehen. Oxford ertheilte ihm 1850 ein Ehren-Doktordiplom, die französische Akademie ernannte ihn zu ihrem Mitgliede, und die meisten gelehrten Gesellschaften Europas wetteiferten ihn zu ehren. Nicht minder beglückt war er durch die Liebe und Verehrung, die ihm seine nächste Umgebung widmete. Sein Benehmen war aber auch überaus offen, einfach und anziehend, sein Charakter stark ausgeprägt und lebendig, und dabei Gefühlseindrücken leicht zugänglich. Sein steigender Ruf that seiner einfachen Freundlichkeit niemals Abbruch; daher kommt es wohl, daß er in seinem ganzen Leben keine Neider und Feinde hatte. Rigault, einer der liebenswürdigsten französischen Publicisten, starb an Gehirnerweichung am 22. December, 38 Jahre alt, zu Paris. Er war 1846 zum Erzieher des Herzogs von En^Sohnes des Herzogs von Nemours, erwählt worden: nach der Februarrevolution kehrte er wieder an seine frühere Stellung als Professor am College de France zurück, die er jedoch 1857 aufgab, als die Regierung Napo- leon's ihm nur die Wahl ließ, entweder seiner Professur oder der Mitarbeiterschaft an den Debats zu entsagen. Wie die Eigenthümer des Blattes ihn auf's Hochherzigste für dies Opfer entschädigten, so sorgten sie auch glänzend für seine Witwe. Schlagintweit, Adolf. Erst im Laufe dieses Jahres erfuhren die Brüder des berühmten Reisenden mit Bestimmtheit, daß ihn sein Geschick bereits im August 1857 ereilt. Aus dem oberen Pendschab war er auf einem Wege, der viel westlicher als der von seinen Brüdern, Hermann und Robert, eingeschla- gene liegt, nach Turkistan gegangen und war über deren letzte Station weit in nordwestlicher Richtung vorgedrungen, als ihn ein frühzeitiger, gewaltsamer Tod seinen Freunden und der Wissenschaft entriß. Er hatte nach großen Mühseligkeiten die Stadt Ziarkand erreicht und daselbst freundliche Aufnahme gesunden. Als er sich vondort in nordwestlicher Richtung nach Kokand auf den Weg machte, gerieth er mitten in einen Haufen fanatischer Muselmänner bei Kargasch (41° n. Br., 72° 50' ostl. Länge), und auf Befehl des grausamen Synd, Wulli Khan, wurde er Angesichts dieser Stadt enthauptet. Da sämmtliche britische Behörden Oberindiens sich für das Schicksal dieses unternehmenden Reisen sehr in- teressiren, darf man füglich hoffen, einige seiner Notizbücher unter den Eingebornen ausfindig zu machen. Schütte, Adolf Freiherr von, österreichischer Feldmarschalllieutenant, starb am 22. April im Alter von 82 Jahren in Wien. Er hatte von der Pike auf gedient und seine letzte Rangerhöhung 1848 in Prag erworben, wo er damals als Generalmajor bei der czechischen Revolution dreizehn Barikaden mit stürmender Hand nahm. Szentpvtery Zffgmond, eine der festesten Stützen des ungarischen Schauspiels, verschied am 15. December zu Pest im 61. Jahre seines Lebens und nach längerem Leiden. Szentpetery wurde am 31. Juli 1798 zu Rohvd im Szabolcser Komitate geboren. In einem Alter von 18 Jahren schon widmete er sich dem Dienste Thalien's, und zählte somit zu den Gründern der ungarischen Schauspielkunst, welche in ihm einen ihrer ruhmvollsten Träger beweint. Das Fach, das er bei dem Pester Nationaltheater ausfüllte, wird die Besucher dieses Institutes oft an den frischen Humor und die Originalität Szentpä- tery's erinnern, der wohl an jeder Bühne zu den Mitgliedern gehört haben würde, die für eine Zeitlang eine unausfüllbare Lücke zurücklaffen. Der Verstorbene hinterließ eine Witwe und eine Tochter, die mit dem ungarischen Schauspieler Egressy Gábor vermählt ist. Ueber tausend Menschen gaben dem