Pester Lloyd-Kalender 1860 (Pest, 1860)

Pester Lloyd-Kalender für das Schalt-Jahr 1860 - Nekrologie

Nekrologie. 25 halb sarkastisch, als unwillkührlicher Ausdruck der Feinheit und gestigen Ueberlegenheit. Er ging mit zimlich schnellen ungleichen Schritten mit etwas ge­senktem Kopfe, im Sitzen erschien er gebückt und sah während des Sprechens auf den Boden nieder, oder schlug anregend lächelnd den Blick empor, um eine Antwort zu erwarten. Ein unaussprechliches Wohl­wollen leuchtete aus seinem Antlitze, wenn er den Fremden als einen Mann von Geist erkannte. Er war dann in der Unterhaltung offen und witzig, urtheilte aber immer mit feiner Rücksicht und war Meister des Wortes. Er war vieler Sprachen mächtig; der Eng­länder lobte dessen reines anmuthiges Englisch, der Franzose das elegante Französich. Humboldt war nie verheirathet und hinterließ keine Kinder. Gleich nach seinem Hinscheiden erschienen die Prinzessin Karl und der P r i n z r e g e n t im Sterbehause und verweilten längere Zeit in tiefer Bewegung am Ster­bebette des Dahingeschiedenen. Die Leiche ward auf Befehl des Prinzregenten nach dem Dome gebracht, bei welcher Gelegenheit die Bevölkerung Berlins sich in ihrer Masse wie in ihren Spitzen des Glückes würdig bewies, einen solchen Mitbürger besessen zu haben. Fast die ganze Stadt war aus den Beinen und doch herrschte feierliches Schweigen in den mit Trauersymbolen dekorirten Straßen, durch welche der Leichenkondukt ging. Dem Sarge zunächst folgten die Leidtragenden, geführt von den Rittern des schwarzen Adlerordens, an ihrer Spitze der Ordens­hauptmann Generalfeldmarschall Frhr. v. Wränget, der General der Infanterie Fürst W. v. Radziwill und der General der Kavallerie Graf v. d. Groeben. Dann kamen die Staatsminister in großer Uniform, die hohe Generalität, Oberstenhof-, Oberhof- und Hofchargen, die Wirklichen Geheimen Räthe, sowie eine große Anzahl in Berlin anwesender hoher Fremden. Beide Häuser des Landtags waren durch ihre Mitglieder fast vollständig vertreten, an ihrer Spitze die Präsidenten und Vizepräsidenten beider Häuser. Hiernach kamen die höheren Staatsbeamten, die Stabsoffiziere, die Mitglieder der Akademie der Wissenschaften, die Professoren der Universität, ge­führt von dem Rektor magnifikus und den Dekanen der vier Fakultäten in Amtstracht, die Mitglieder der Akademie der Künste und die Direktoren und Lehrer sämtlicher Berliner Schulanstalten; sodann der Magistrat und die Stadtverordneten in pleno, geführt von dem Oberbürgermeister, dem Bürger­meister und dem Stadtverordnetenvorsteher. Sie ga­ben dem berühmtesten Ehrenbürger der Stadt Berlin das letzte Geleit. Den Beschluß des Zuges machte ein sehr bedeutendes Gefolge von Personen aller Stände nicht nur des Berliner Publikums, sondern auch der benachbarten Städte. Die lange Reihe der nachfolgeenden Equipagen eröffneten die mit acht Pferden bespannten Gallawagen des Königs und der Königin, ihnen folgten die Wagen des Prinzregenten, sämmtlicher Prinzen, der ho­hen Würdenträger, der Diplomatie u. s. w. — eine Unabsehbare Linie. Unter dem Portal der Kirche harrten der Prinz-Regent und die Prinzen Friedrich Wilhelm, Albrecht, Albert Sohn, Friedrich, Georg, Adalbert, August von Württemberg und Friedrich von Hessen-Kassel en tb l ö ß t en Hauptes des Todten. Am Haupteingange zum Dom standen die Hof-Prediger, geführt vom Oberhofprediger. Während der Trauerrede, welche der Generalsupe­rintendent der Provinz Brandenburg hielt, nahmen zunächst am Sarge die Leidtragenden und die Prin­zen Platz, die Prinzessinen Friedrich Wilhelm, Karl, Friedrich Karl und Friedrich von Hessen wohnten der Feier in der k. Loge bei. Am Abend ward die Hülle Alexander von Humboldt's nach Tegel gebracht, wo er jetzt in seinem schönen Parke an der Seite sei­nes ihm um 24 Jahre vorangegangenen Bruders Wilhelm ruht. Jellachich de Buzim, Joseph Freiherr von, am 16. Oktober 1801 zu Peterwardein geboren, starb nach längerem Leiden am 20. Mai zu Agram. Der Sohn eines österreichischen Generals, aus alter kroatischer Familie, legte er als Offizier des oguliner Grenzregiments seine ersten Waffenproben 1831 in Italien und dann in der ersten Hälfte der vierzi­ger Jahre gegen bosnische Räuber ab. Im An­fänge der Stürme von 1848 ward er zum Feldmar­schall-Lieutenant und, auf Bitten seiner Landsleute, zum Banns von Kroatien erhoben. Seine anti­magyarische Thätigkeit — er überschritt im Septem­ber an der Spitze von 40,000 Grenzern die unga­risch-kroatische Grenze, half bei der Eroberung Wien's und kämpfte in der Schlacht an der Schwechat mit — ward 1849 durch Verleihung der Feldzeugmei­sterwürde belohnt. Rach Beendigung des Kampfes gegen Ungarn kehrte er nach Agram zurück und be­fehligte 1853 noch die Streitkräfte, welche Oester­reich in Folge des Krieges zwischen der Pforte und Montenegro an der unteren Donau zusammenzog. Irinyi Joseph starb, plötzlich und allgemein beklagt, Ende Feber in Pest. Er war im Jahre 1822 zu Älbison im Biharer Komitate geboren. Seine Schulen beendete er zu Großwardein und Debreczin. Er zählte noch nicht 20 Jahre, als er mit einem Ar­tikel im Athenäum über die Verfassung der ungari­rischen Statthalterei und gegen die unbedingten An- preiser derselben Aufsehen erregte. Im Jahre 1842 machte er eine Reise ins Ausland. Cr bereiste einen Theil Deutschlands, hielt sich lange in Paris und London auf. Seine Aufzeichnungen'uber diese Reise sind in 2 Bänden erschienen, und in dem Vorworte zu dem Werke erhob er in einem an den damaligen ungarischen Hofkanzler, Graf Georg A p p o n y i gerichteten Briefe Beschwerden gegen die Zensur und im Interesse der Preßfreiheit. Im Jahre' 1843 schrieb er in Bezug auf Graf Szochönpi's „Mini-

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