Pester Lloyd-Kalender 1860 (Pest, 1860)

Pester Lloyd-Kalender für das Schalt-Jahr 1860 - Budapest

Eine hiftorische^Sktzze. 19 ven Herren zu messen, ehe sie in den Kampf gegen die Türken zögen, und ein Geistlicher Mészáros Lorenz Pfarrer aus Czegled war es, der dem Führer Dózsa die Befreiung des plebs und die Ausrottung des Adels als ein erhabenes Ziel bezeichnete. Da kam der Befehl des Königs eilig : nach Kroatien aufzubre­chen, da sich in der Gegend von Knin räuberische Türkenhorden zeigten. Aber Dózsa glaubte in die­ser Weisung die Absicht des Königs zu erkennen, ihn vom Oberbefehl über die Kurutzen zu entfernen, und ihn innerhalb der Mauern irgend einer Festung zu bannen. Er trotzte dem Befehle und warf Abtheilun­gen seines Heeres in die Vorstädte von Pest und Ofen, wo die Häuser der Herren im Flamen aufgin­gen und zahlreiche Edelleute in grausamer Weise gemordet wurden. Vergeblich schleuderte Bakács von seiner Burg zu Gran seinen Bannstrahl, der Pfarrer Lorenz las trotz dieses Banneö den Kreutz­trägern die Messe und spendete ihnen die heiligen Sakramente. Lawinenartig schwoll die Macht Dó- zsa’á an, der sich in seinen Proklamationen „einen Uuterthan des Königs von Ungarn, aber keinen Untergebenen der Herren" nannte, und bei Strafe des Bannes die Städte, Marktflecken und Dörfer gegen den Adel auftief. Erst nach blutigen Schlach­ten gelang dem aufgeschrekten Adel die Besiegung des Pöbelheeres. Johann Zápolya war es, der vor Temeswar durch den entscheidenden Angriff seiner „eisernen Reiter" die Macht Dózsa’ő gebrochen. Die Einzelheiten dieses Kampfes gehören so wenig in das Bereich unserer Skizze, wie das furchtbare und das Jahrhundert befleckende Strafgericht, das jetzt über die Verirrten hereinbrach; wir sind somit auch der Nothwendigkeit entbunden die raffinirte und vielleicht in der Geschichte einzig dastehende Grausamkeit zu schildern, mit welcher Georg Dózsa vom Leben zum Tode gebracht wurde. Der Kurutzen- sührer verlangte keine Gnade, und ließ die bei­spiellosen Martern der Execution mit erstaunlicher Kaltblütigkeit an sich vollziehen. Ueber die Bauern­schaft aber brachen nun auch auf dem Wege der Ge- setzbnng noch schlimmere Tage heran als wie zuvor. Rach dem Tode Wladiölaws Heftig der 10 jäh­rige Ludwig II. den Thron. Unter ihm gingen die Wogen der Partheiwuth noch höher wie unter seinem schwachen Vater, und die Katastrophe von Mohács warf ihre finsteren Schatten voraus. Die abwechselnd auf dem Rákos und in Ofen abgehalte­nen Landtage, auf welchen sich der König und die von dem rechtskundigen und beredten ^Vcrhoczy ge­führte Opposition drohend wie niemahls gegenüber­standen, zeichneten sich durch ihren stürmischen und leidenschaftlichen Charakter aus. Die Landtage von 1523 und 1525 sind durch ihre Beschlüße über den lutheranischeu Glauben bemerkbar. Unter der Regierung Ludwig II. begann nemlich die Reforma­tion im Lande Wurzel zu saßen. Der Verwandte und Hofmeister des Königs, Markgraf Georg v. Branden­burg rief in dem Streben die Königin dem neuen Glauben zu gewinnen, die berühmten deutschen Theologen Simon Grrynaeus, Winsheim und Kon- rad Cordatus nach Ofen, welche den Glauben Lu­thers zu lehren begannen. Die erwähnten Landtags­beschlüße waren jedoch der Ausbreitung der Reforma­tion nicht günstig, der 45 Gesetzartikel vom I. 1525 unterwirft die Lutheraner und deren Beschützer einer Strafe, während der 4. Gesetzart. von 1525 es ge­radezu ausspricht, daß die Lutheraner verbrannt werden sollen. Es scheint jedoch, daß diese Beschlüße nicht so sehr gegen den neuen Glauben, als vielmehr gegen die auswärtigen Räthe des Königs, welche diesem Glauben angehörten, gerichtet waren. Durch drakonische Gesetze gegen das lutherische Bekennt- niß wollte man die Fremden vom Hofe entfernen, denen man den Verfall des Vaterlandes znschrieb. Im I. 1526 wurde der letzte Landtag auf dem Rákos unter freiem H i m m e l geha l- t e n. Ihm folgte das Unglück von Mohács rasch ans den Fersen. Die Schlacht, in welcher der jugend­liche König das Leben ließ, ward am 29. August des I. 1525 geschlagen. Der Königin wurde am folgen­den Tage die Schreckenskunde nach Ofen hinterbracht. Sie begab sich eilig, und die Kostbarkeiten zusammen­raffend auf die Flucht. Bald kamen zersprengte deut­sche, ungarische, polnische und böhmische Söldner mit der Nachricht, daß das Heer Solimans gegen Ofen heranrücke, und die erschrekten Einwohner dachten an ihre Rettung : Jeder raffte zusammen was er in der Eile zusammenraffen konnte, und floh wohin er sich sicher glaubte. Der von Béla IV. im I. 1244 verliehene Freiheitsbrief wurde von den Räthen sorgsam verborgen, und die Gebeine deö heil. Johannes wurden zu Schiffe nach Preßburg ge­bracht. Bald war die Hauptstadt des Landes öde und verlassen und Soliman, der am 12. September seinen Einzug hielt, fand nichts als einige Krüppel und Greise die er großmüthig beschenkte. Nach Cuspini- anus sollen sich 200 Juden, die nicht die Mittel zur Flucht besaßen, in die. königliche Burg geworfen, und dieselbe so hartnäckig vertheidigt haben, daß sich Soliman mit ihnen auf Unterhandlungen einlaffen mußte. Pest und Ofen besiegelten die allgemeine Trauer des Landes mit der eigenen Verwüstung. Die schönen Städte wurden von der Hand des barba­rischen Siegers eingeäschert, und die Kunstschätze nach Belgrad geschleppt. Die königliche Burg blieb unversehrt, und Soliman feierte daselbst am 18. das Beiramsfest. Inmitten der geräuschvollen Freude, hatte der Sieger noch Menschlichkeit genug in sich, um vor den Brustbildern des unglücklichen Königs­paares von einer Regung theilnehmenden Mitgefühls ergriffen zu werden !

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