Pester Lloyd-Kalender 1860 (Pest, 1860)

Pester Lloyd-Kalender für das Schalt-Jahr 1860 - Budapest

16 Budapest. sie trug einen Mantel von gelber Seide, darunter ein reiches goldgesticktes Kleid und auf dem Haupte die Krone, so reich waren ihre Gewänder, daß man glaubte sie sei aus Gold und Edelgestein gebildet. Den Zug schloffen 8 blitzende Wagen, jeder von 6 Schimmeln gezogen. Das fürstliche Paar ward zuerst von der is­raelitischen Gemeinde begrüßt, von 24 Reitern in ka­stanienbraunen Kleidern und straußfedergeschmückten Mützen, dann ‘200 zu Fuß mit rothen Fabnen, voran ging ein ehrwürdiger alter Jude, von seinem Soh­ne umritten, der sein Pferd fortwährend springen ließ, und der der neuen Königin als Geschenk eine große Büchse mit 10 Pfund geschlagenem Silber über­reichte, der ganze Haufe legte durch Gesang seine Freude an den Tag. Auf einem freien Felde vor der Stadt stießen die Knappen Chriftof's von Baiern im Kampsspicle aufeinander, beide fielen vom Pferde, und im Nu erprobten zwei andere Ritter ihren Muth aber mit demselben Erfolge, worüber die Königin so sehr erschrack, daß sie die Luft mit ihrem Geschrei erfüllte. Bei den Thoren der Stadt wurde der König und seine Braut von dem Klerus empfangen, der in feierlichem Aufzuge die heiligen Gefäße vor sich tragend, das hohe Brautpar in die Marienkirche begleitete. Von hier gin­gen sie in das königliche Schloß, wo Mathias die Be­gleitung entließ und seine Braut in die Zimmer führte. Nächsten Dienstag wurde zuerst große Messe ge­halten, dann Empfang der auswärtigen Gesandten, und zum Schlüße großes Diner mit glänzender Tanz­unterhaltung. Der Speisesaal war mit reichen Tapeten geziert. Acht Lische waren gedeckt. Vor dem Tische, an welchem das königliche Paar und die höchsten Herrschaften Platz nahmen, war das Gemäuer mit gol­denen Tapeten bedeckt, und über den Tisch wölbte sich ein Thronhimmel aus Seide, in den die Krone und vas Wappen des Königs und der Königin aus Gold und Perlen etngewirkt waren. Oben saß das fürstliche Paar, zur Rechten der neapolitanische Prinz mit den italienischen Gesandten, links Christof von Baiern mit den deutschen Gesandten und Räthen. Am zweiten Tische s.-ß die Mutter des Königs mit den hohen Da­men, am dritten die neapolitanischen Würdenträger und Herren, beim vierten der Palatinus, die ungari­schen Großen und Bischöfe, bei den andern vier Tischen saßen schließlich die übrigen Herren und Edlen. In der Mitte des Speisesaales erhob sich vor der könig­lichen Tafel eine 10 Ellen lange Säule an die sich in acht Abstufungen ein terassenformiger Kredenztisch lehnte,an dessen beiden Seiten je ein silbernes Einhorn stand, im Gewichte von 700 Mark und mit einem 3 Ellen langen Horné. Auf den Abstufungen der Kre­denz waren zusammen 560 Stück silberner und gol­dener Trinkgefäße aufgestellt, lieber dem Tische hing ein Faß aus geschlagenem Silber, mit 4 Zapfen, aus welchen eben so viele Sortéit Weines berausfloßen. Vor dem Tische stand eine vergoldete Schale und ein Mannhoher 600 Mark schwerer fünfarmiger Brunnen aus Silber. Für jeden Tisch war dann eine eigene Kredenz in Bereitschaft, mit Gefäßen, Bechern und Kannen aus Gold und Silber. Die Gerüchte wurden von ungarischen Bannerherrn aufgetragen, denen Hinko der Sohn des Böhmenkönigs, der König von Bosnien und der Herzog von Münsterberg vorangingen, wenn die Speisen dem königlichen Paare gebracht, vier un­garische, deutsche und böhmische Herren, wenn die son­stigen Gäste bedient wurden. Während der Mahlzeit langten die für die Königin bestimmten Geschenke der ungarischen Herren und der Städte mindestens im Werthe von 100,000 Dukaten an. Nach dem Diner wurden die Tische weggetragen, und die Tanzunter­haltung nahm ihren Anfang. Der erste Tanz gehörte den deutschen Gesandten und Rätheff, der zweite dem Herzog Christoph von Baiern, den dritten Tanz er- öffnete das Brautpaar, den vierten der neapolitanische Prinz mit seiner Schwester, den fünften der Palati- nus, den sechsten Lorenz Újlaki. An den folgenden Tagen wechselten Gastereien, Kampfsptele, Luftfahrten mit anderen Unterhaltungen ab, und endlich am 22. Dezember ging die Trauung vor sich in der Marienkirche, wo zu'beiden Seiten des Altars für den König und die Königin prächtige Thronsessel angebracht waren. Der prachtvolle Thron­himmel zu Haupten des fürstlichen Paares wurde von 6 Fürsten gehalten, den kirchlichen Akt vollzog der Erzbischof Gabriel von Erlau. Hierauf folgte wieder ein glänzendes Gastmahl, bei welcher Gelegenheit die auswärtigen Gesandten ihre Festgeschenke überreichten. Erst die Trauerkunde von dem Tode eines königlichen Verwandten, des Wojwoden Pongrác; von Sieben­bürgen unterbrach die Hochzeitsfeste. Aber jetzt ward ein prachtvolles Todtenamt gehalten, dem ein Leichen­schmaus folgte. Aus diesem Anlasse haben die sieben- bürgischen Städte der Königin 39 vergoldete Becher, 6 schöne Pferde und 3 Falken gespendet. Dankbarer als der eilig vorüberziehende Glanz der Festlichkeiten, waren die bleibenden Werke, welche Mathias in Ofen geschaffen. Unter ihm hat diese Stadt den Gipfel der Schönheit erreicht, und ein­heimische, so wie auswärtige Schriftsteller wetteifer­ten ihren Glanz zu preisen und sie als die Krone der europäischen Residenzen zu feiern. ,,Welcher Ort in ganz Europa — ruft Wernher in seinen ,,de admi- randis Hungáriáé aquis aus — kann sich mit Buda vergleichen?" Prachtvoll baute Mathias den von Sigismund begonnenen Königspalast aus, und obgleich der von Mathias gebaute Theil im italieni­schen Gesckmacke gehalten war, während in den von Sigismund aufgeführten Bauten der gothische Styl vorherrschte, so war dieser Wechsel der architektoni­schen Formen nur geeignet den Reiz res Georgspla­tzes, auf welchem die Burg stand, zu erhöhen. Als erhaben wird der Eingang in den Palast geschildert : Ein Portale aus Porphir, indem sich zwei mächtige Thorflügel ans Kupfer wiegten, die mit schönen Arbeiten die Thaten des Herkules darstellend ge­schmückt waren. Die Haupttreppen waren gleichfalls aus Porphir und von erzenen Kandelabern üver- ragt. In einem der an den Palast stoßenden könig­lichen Gärten, befinden sich auch die berühmten zwei Löwen, welche Mathias von den Florentinern zum Geschenke erhielt und deren Zähmung so vollendet war, das die Besucher der Burg sie oft zu den Füßen des Königs liegen sahen. Das Innere des Palastes, vor dem sich die Statue des Hercules erhob, stand durch luxuriöse Einrichtung und wahrhaft königliche Pracht auf gleicher Höhe mit der äußeren Anlage. Den größten Schatz der Königsbnrg bildete jedoch die von Mathias gegründete Bibliothek, welche nicht nur 50,000 Bände zählte, sondern so herrlich aus­gestattet war, daß Brassicanus, ver sie häufig besuchte, in seiner Extase ausruft : „man glaube im Schoße

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